Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, Deiner Katze oder Deinem Hund statt einer Fleischmahlzeit eine Kiwi zu reichen? Wahrscheinlich nicht, denn Du könntest gekratzt oder gebissen werden. Tatsächlich gibt es einen guten Grund, warum viele Tiere Vitamin C haltige, frische Lebensmittel verschmähen. Sie brauchen sie schlichtweg nicht. Anders sieht es bei uns Menschen aus. Wir gingen ohne Vitamin C sprichwörtlich vor die Hunde. Doch warum eigentlich?
Dass Vitamine wichtig sind, haben wir bereits in der Kindheit erlernt. Auch wenn wir damals Sätze wie „Iss den Spinat, damit Du groß und stark bist“ nicht hören wollten, hatten unsere Eltern natürlich Recht. Vitamine, sind für das Wachstum und den Erhalt des menschlichen Organismus von essentieller Bedeutung. Da unser Körper sie jedoch nicht oder nur in zu geringem Umfang selbst herstellen kann, müssen wir sie über die Nahrung zuführen. Das gilt auch für das Vitamin C. Allerdings war das nicht immer so.
Vitamin C – das Allroundgenie
Vitamin C, auch Ascorbinsäure genannt, ist wohl das bekannteste aller Vitamine und seine Geschichte ist lang und ruhmreich. Sie beginnt bereits Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem Seefahrer James Cook, der entdeckte, dass der Verzehr von Zitronen und Orangen die Besatzung gegen Symptome der gefürchteten Krankheit Skorbut schützte. Dass die auf langen Seereisen auftretenden Blutungen, Herzprobleme oder Gelenkentzündungen auf einen Vitamin C Mangel zurückzuführen waren, wusste man damals noch nicht. Heute ist das zentrale Vitamin gut erforscht.
Verbraucher schätzen das Antioxidans vor allem zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress und zur Unterstützung der normalen Funktion des Immunsystems. Dabei ist der Wirkungskreis des Vitamin C viel größer. Als Cofaktor zahlreicher Enzyme trägt es zum Beispiel zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei und unterstützt die Kollagenbildung für die normale Funktion der Knochen, Knorpel, Zähne, Blutgefäße sowie der Haut. Darüber hinaus erhöht Vitamin C auch die Aufnahme von Eisen.
Die zentrale Bedeutung im Stoffwechsel ist wohl auch ein Grund dafür, dass die meisten Tiere (und alle Pflanzen) in der Lage sind, sich durch Eigenproduktion selbst mit Vitamin C zu versorgen. Ein Mangel ist so ausgeschlossen. Höhere Primaten einschließlich des Menschen haben diese Fähigkeit jedoch im Laufe der Evolution verloren.
Wie der Mensch die Fähigkeit zur Vitamin C Synthese verlor
Die Produktion von Vitamin C ist eigentlich ein recht einfacher Prozess und erfolgt bei den meisten Tieren innerhalb der Leber- oder Nierenzellen. Mithilfe verschiedener Enzyme (Biokatalysatoren) wird hier aus dem Einfachzucker Glukose Ascorbinsäure produziert. Glukosemoleküle gibt es natürlich auch im menschlichen Körper reichlich, jedoch hat bei uns das Enzym, das den finalen Schritt der Vitamin C Produktion vorantreibt, seine Funktionsfähigkeit verloren.
Es wird vermutet, dass die Gene, die für die Ausprägung des Enzyms mit dem Namen L-Gulono-Lacton Oxidase (GLO) verantwortlich sind, vor rund 61 Millionen Jahren mutiert sind. Interessanterweise kam es nicht nur bei höheren Primaten zu solchen Veränderungen des Erbgutes, sondern auch bei verschiedenen anderen Arten. Fruchtfressende Fledermäuse und Meerschweinchen beispielsweise sind ebenfalls durch evolutionsbedinge Änderungen der Erbanlagen nicht zur körpereigenen Vitamin C Produktion in der Lage.
Ohne GLO geht´s auch – warum wir trotzdem nicht ausgestorben sind
Wenn Vitamin C so wichtig für den Organismus ist, warum konnten unsere Vorfahren dann nach dem „Verlust“ des Enzyms überhaupt überleben? Diese Frage wird in der Wissenschaft heiß diskutiert. Man vermutet, dass es bei bestimmten Spezies aufgrund ihrer Ernährungsweise keine entwicklungsbiologische Notwendigkeit mehr gab, die Funktionsfähigkeit des GLO Gens aufrecht zu erhalten. D.h. das es wurde aussortiert, weil durch den Verzehr Vitamin-C reicher Pflanzen, Früchte und Insekten ohnehin immer genug Vitamin C zur Verfügung stand.
Geheimnis gelüftet: geringerer Vitamin C Bedarf durch effektives Recycling
Interessanterweise haben alle Spezies, die selbst keine Ascorbinsäure mehr herstellen können, noch etwas gemeinsam: eine effektive Vitamin C Verwertung. Aus diesem Grund haben sie auch einen geringeren Tagesbedarf als Vitamin C produzierende Lebewesen. Menschen benötigen zum Beispiel eine Vitamin C Menge von 95 bzw. 110 mg am Tag, um einen Mangel zu verhindern. Der Bedarf einer Ziege liegt hingegen rund 100 Mal so hoch.
Der Schlüssel für den effizienteren Umgang mit Vitamin C liegt in einem Transportprotein, das einen Teil des verbrauchten (oxidierten) Vitamin C in die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) einschleust. Dort wird es dann recycelt und wieder im Körper verteilt. Vorübergehend können die Erythrozyten auch ein wenig Vitamin C speichern, wodurch kleine „Engpässe“ bei der täglichen Vitamin C Zufuhr kurzfristig ausgeglichen werden können.
Kleine Änderung, große Wirkung
Die kleine Veränderung der Erbanlage, die vor Millionen Jahren zum Verlust der Ascorbinsäure Synthese führte, hat uns also letztlich ein Stück effizienter und flexibler gemacht; denn ein wirkungsvolles Recycling erfordert deutlich weniger Energie als die Produktion von neuem Vitamin C. Die Wiederverwertung eines Teils des Vitamin C bedeutet jedoch nicht, dass wir die tägliche Vitamin C Zufuhr über Lebensmittel getrost vernachlässigen können. Im Gegenteil: die Speichermöglichkeit des essentiellen Vitamins ist begrenzt und es gehen täglich rund 4% des Vitamin C Körperbestandes verloren.
Bleibt also beim morgendlichen frisch gepressten Orangensaft und nutzt die Vielfältigkeit Vitamin C reichen Obst und Gemüses, um Euch täglich optimal zu versorgen. Dabei gilt: Verzehrt Paprika, Brokkoli, Spinat und Co am besten frisch oder schonend gegart. Vitamin C ist nämlich empfindlich gegenüber Licht und Hitze.