Bei Stress denkt man an Zeitdruck und Termin-Hetze. Die Corona-Krise zeigt: Stress entsteht vor allem, wenn wir uns fremdbestimmt und eingeschränkt fühlen. Ängste und Sorgen, Einsamkeit oder Langeweile können ebenso starke Stressoren sein wie Zeitmangel, Überforderung oder Konflikte. Zu Beginn des Lockdowns sorgte man sich vor allem um Ältere und Alleinstehende. Inzwischen zeigen Studien: Diese Gruppen gehen relativ gelassen mit der neuen Situation um. Familien kämpfen dagegen mit einer höheren Stressbelastung, während die Forschung schon Bewältigungsstrategien bewertet.
Familien sind belastet
Psychosomatische Symptome sind häufig unter den veränderten Lebensbedingungen in Pandemie-Zeiten: So berichteten in einer repräsentativen Umfrage der Krankenkasse DAK 31 Prozent der Mütter schulpflichtiger Kinder von täglichen Schmerzen, 38 Prozent hatten Schlafprobleme. Den Vätern ging es nur unwesentlich besser. Die Schulschließungen hatten in den Familien ein drastisch erhöhtes Stresslevel zur Folge, und das nicht nur aufgrund der Schwierigkeiten, Arbeit und Kinderbetreuung zu verbinden. In jeder vierten Familie gab es mehr Streit, Familien mit jüngeren Kindern waren davon stärker betroffen. In einer Untersuchung der Universität Bamberg berichteten 66 Prozent der Eltern von Kita-Kindern Ende April, sie seien „am Ende ihrer Kräfte“ – das waren exakt so viele, wie in Voll- oder Teilzeit arbeiteten.
Lockdown im Herzen
Manchmal schlägt der Corona-Stress auch ganz ohne Infektion aufs Herz: Wissenschaftler aus Ohio konnten zeigen, dass das sogenannte „Broken-Heart-Syndrom“, eine akute Einschränkung der Herzfunktion, unter Corona-Bedingungen fünf Mal häufiger auftrat als normalerweise. Die Symptome ähneln einem Herzinfarkt, aber die Ursache sind keine verstopften Herzkranzgefäße. Stattdessen erleidet der Herzmuskel eine Art Krampf.
Die Älteren als Fels in der Brandung
In einer Untersuchung der Techniker-Krankenkasse berichteten deutlich mehr jüngere und mittelalte Menschen, dass die aktuelle Situation für sie problematisch sei. Von den Älteren ab 60 Jahren fühlten sich nur etwas mehr als ein Viertel besonders belastet – obwohl sie zur Risikogruppe gehören. Steffi Riedel-Heller Direktorin des ISAP Universität Leipzig hat über 1000 Menschen zwischen 65 und 95 Jahren zu Ihrem Leben unter Pandemiebedingungen befragt und berichtet: „Wir wussten, dass jüngere Menschen durch die Pandemie psychosozial belastet sind. Dass alte und hochaltrige Menschen psychisch so stabil im Lockdown waren, hat uns überrascht.“ Nach ihren Daten zeigten sich kaum Veränderungen in Bezug auf die psychosoziale Gesundheit der Befragten, von denen etwa ein Drittel alleine lebte. Die Senioren fühlten sich im Lockdown nicht ängstlicher, depressiver oder einsamer als vor der Pandemie. Im Gegenteil fühlten sie sich sogar besser sozial unterstützt.
Fast Food ist keine Nervennahrung
Stress beeinflusst das Essverhalten – in der Regel nicht zum Guten. Aktuelle Untersuchungen zeigen: Unter den neuen Bedingungen wird vor allem bei Jüngeren mehr gekocht und gemeinsam gegessen. Ohne Mensa und Kantine kamen aber auch etwas mehr Fertigprodukte auf den Teller. Und hochverarbeitete Lebensmittel können dem Gehirn schaden – von wegen Nervennahrung.
Wichtig ist dabei, die Nährstoffversorgung im Blick zu behalten: Mikronährstoffe wie Magnesium und verschiedene B-Vitamine werden für die Funktion des Nervensystems gebraucht. Zink, Selen, sowie die Vitamine C und E schützen vor oxidativem Stress- und tragen zur reibungslosen Funktion des Immunsystems bei. Weitere Informationen dazu findest Du hier: Ernährung und Mikronährstoffe bei Stress.
Ob sich das Leben unter Pandemiebedingungen negativ auf die Gesundheit auswirkt, haben wir auch selbst in der Hand: Fehlende Routine ist eine Chance, schlechte Gewohnheiten hinter sich zu lassen. Und neue Tagesabläufe bieten vielleicht Raum für neue, gesündere Rituale.