Du weißt schon alles über Stress, oder? Wenn Dir allerdings Begriffe wie Managerkrankheit, Doppelbelastung oder Ruhepausen einfallen, solltest Du dringend weiterlesen! Diese fünf Mythen über Stress sind längst widerlegt – und halten sich trotzdem hartnäckig.
1. Stress ist schlecht und ungesund
Aber nein! Stress ist ein natürlicher und wichtiger Mechanismus, der Energie freisetzt und uns leistungsbereit macht. Ganz ohne Stress wären Höchstleistungen beim Sport oder auf der Bühne gar nicht möglich – Nervosität vor einem Wettkampf oder Lampenfieber vor einem Auftritt sind eine natürliche und hilfreiche Reaktion auf eine bevorstehende Aufgabe. Stress kann also auch positiv sein. Dann spricht man auch von Eustress. Aber: Anspannung und Entspannung müssen im richtigen Verhältnis stehen. Dauerstress belastet den gesamten Organismus und kann uns krank machen.
2. Stress ist eine reine „Kopfsache“
Es stimmt, dass die Stressreaktion im Gehirn ausgelöst wird. Die dort ausgeschütteten Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol versetzen jedoch den gesamten Körper in Alarmbereitschaft: Puls, Blutdruck und Atemfrequenz steigen, der Magen-Darm-Bereich fährt die Verdauungsarbeit herunter, „Reserveeinheiten“ der roten Blutkörperchen kommen zum Einsatz, um die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxydabgabe zu erleichtern.
Sogar die Schmerztoleranz wird kurzfristig erhöht und die Blutgerinnung nimmt zu. Das erklärt auch, warum Dauerstress den Körper belastet: Was in Alarmbereitschaft sinnvoll sein kann, verschwendet im Alltag Ressourcen. So wird unter Stress auch die Immunreaktion gedrosselt: Der Körper soll seine Energie kurzfristig gezielt für die akute Herausforderung einsetzen. Auf Dauer schwächt ein Immunsystem im „Notbetrieb“ aber die Infektabwehr. Lies dazu auch: Stress schwächt das Immunsystem.
3. Ruhe ist das Beste gegen Stress
Nach stressigen Tagen möchten die Meisten schnell auf die Couch – am liebsten zum Surfen im Internet oder Fernsehen… Unglücklicherweise ist das keine gute Strategie: Stresshormone versetzen uns in einen Alarmzustand, der uns zu Kampf oder Flucht befähigen soll. Das ist aber im Alltag meist keine Option: Stattdessen müssen wir uns die Standpauke vom Chef geduldig anhören und im Stau besonnen bleiben.
Die Energie aus der Stressreaktion kann nirgendwo hin – und richtet schlimmstenfalls sogar Schaden an. Wer sich gestresst fühlt, sollte seinem Körper Gelegenheit geben, seinem genetischen Programm zu folgen und die Anspannung abzubauen. Das geht besonders gut mit Bewegung! Wer Gelegenheit findet, sich richtig auszupowern hilft seinem Körper, den Stress abzubauen. Anschließend ist das Gehirn für eine Pause dankbar – auch von elektronischen Medien (Stichwort: Digital Detox).
4. Stress haben vor allem Manager und leitende Angestellte
Ganz und gar nicht: Eine Krankenkasse fand im letzten Jahr heraus*, dass Arbeitslose deutlich mehr unter Stress leiden als Berufstätige. Auch Studenten waren besonders stressgeplagt. Von den Arbeitnehmern leiden die leitenden Angestellten deutlich weniger unter Stress als diejenigen mit einfachen Tätigkeiten. Beamte waren unterdurchschnittlich gestresst, vor allem im mittleren und höheren Dienst. Ungelernte und Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen, beispielsweise mit Hauptschulabschluss, hatten eine höhere Stressbelastung als Akademiker.
Das Ergebnis zeigt, dass Stress weniger aus den objektiv zu bewältigenden Aufgaben entsteht, sondern dem persönlichen Erleben geschuldet ist. Menschen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten mehr Freiheiten und Entscheidungsmöglichkeiten haben sind weniger gestresst als solche, die sehr fremdbestimmt arbeiten müssen. Dazu passt, dass Praktikanten ein sehr hohes Stressniveau zeigten, obwohl sie in der Regel vergleichsweise geringe Verantwortung haben dürften.
5. Doppelbelastung aus Familie und Beruf erzeugt Stress
Das kann man so pauschal nicht sagen: In der Befragung einer großen Krankenkasse* zeigten arbeitende Eltern ein ähnliches Stressniveau wie arbeitende Kinderlose. Eltern ohne Job erlebten ihren Alltag dagegen als stressiger. Den höchsten Wert im Stresstest erreichten Kinderlose ohne Arbeit. Auch hier zeigt sich: existenzielle Ängste, finanzielle Sorgen, Einsamkeit, fehlende Lebensperspektiven oder Gestaltungsmöglichkeiten können stärkere Stressfaktoren sein als enge Terminpläne und verantwortungsvolle Aufgaben. Beides zusammen kommt bei arbeitenden Alleinerziehenden zum Tragen: Sie zeigen besonders hohe Stresswerte. Neben der zeitlichen Doppelbelastung dürften dabei auch soziale Faktoren eine große Rolle spielen.
*IGES nach Befragungsdaten der DAK-Gesundheit. Befragt wurden Männer und Frauen im Alter von 25-40 Jahren. Die Befragung ist repräsentativ für die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 25-40.