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Experteninterview

Interview: App zur Therapiebegleitung bei Herzinsuffizienz zugelassen

Die App „ProHerz“ begleitet Patient:innen mit chronischer Herzinsuffizienz – und soll dabei auch die behandelnden Ärzt:innen entlasten. Was sind die Vorteile für die Beteiligten?

Die App bietet eine umfassende, flankierende Unterstützung bei der Betreuung von Patient:innen mit einer komplizierten, chronischen Erkrankung. Sie unterstützt die Arbeit der Behandelnden durch die Dokumentation von Vitalparametern und fragt die Einnahme der verordneten Medikamente ab. Außerdem liefert die App Erklärungen zur Pathophysiologie der Grunderkrankung und Anleitung zu Verhaltens- und Lebensstiländerungen – zusätzlich zu dem, was Ärzt:innen ihren Patient:innen in den drei bis fünf Minuten Behandlungszeit erklären können. Die Daten können als Frühwarnsystem helfen, die Therapie auszusteuern und geben den Patient:innen – die oft durch beängstigende Erfahrungen geprägt sind  – mehr Sicherheit. 

Wie kommen die Patient:innen an die App  – und wer hilft ihnen beim Einrichten und der Benutzung?

Es gibt für die Patient:innen zwei Möglichkeiten, an die App zu kommen, die beide kostenlos sind: Entweder verschreibt die/der Ärzt:in die App extrabudgetär auf Rezept oder die Patient:innen wenden sich direkt an ihre Krankenkasse und bekommen von dort einen Freischaltcode. Nach dem Download können sie sich mit allen Fragen zur Einrichtung, der Bedienung oder technischen Problemen direkt an unser Care-Center wenden. Wir liefern also nicht nur die Technologie, sondern auch kompetente menschliche Unterstützung, die das komplette System erklärt. 

Wie kommen die Daten in die Anwendung?  

Auch da gibt es zwei Möglichkeiten. Wir empfehlen die Nutzung bestimmter Bluetooth-fähiger Geräte zur automatischen Erfassung der Vitalparameter. Wir     haben eine Liste mit Geräten erstellt, die mit einer optimierten Schnittstelle an     die App angeschlossen sind. Selbstverständlich ist es auch möglich, diese Daten mit vorhandenen Geräten     zu messen und händisch einzugeben. Das ist letztlich auch nichts anderes, als     hätten die Patient:innen sie vorher in einem Heft notiert. Die erfassten Daten (Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Puls, Temperatur, Gewicht) werden im Smartphone (oder Tablet) automatisiert analysiert. Veränderungen der Erkrankung werden damit sofort erkannt.

Wie sind die bisherigen Erfahrungen mit der App – kommen auch die älteren Patient:innen mit der Bedienung zurecht?

Dieser Frage sind wir besonders gründlich nachgegangen und haben unter anderem eine Studie mit dem Klinikum Nürnberg durchgeführt, an der 70 Patient:innen teilgenommen haben. Der älteste Patient war 89 Jahre alt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Patient:innen bis etwa 80 Jahre sehr gut zurechtkommen, danach benötigen sie etwas mehr Hilfe – wie in anderen Bereichen ihres Lebens vielleicht auch. Die Studie hat auch gezeigt, dass die Teilnehmenden ihre Daten sehr gewissenhaft gemessen und eingegeben haben, auch was die Einnahme ihrer Medikamente betrifft. Um die Compliance weiter zu verbessern, arbeiten wir mit der Uni Erlangen und einem Team von Software-Designer:innen ständig daran, die Benutzeroberfläche der App mit Nutzer:innen aus der Zielgruppe zu testen und zu verbessern.

Was hat Sie als Arzt zur Entwicklung der App motiviert?

In der Klinik schaut man zunächst aus einer bestimmten Perspektive auf die Behandlung. Ich habe im Anschluss an die Arbeit dort in die Beratung gewechselt und hatte so die Möglichkeit, weltweit Einblicke in die Begleitung von Patient:innen zu gewinnen - etwa bei der Entstehung einer virtuellen Klinik in den USA. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bieten die Möglichkeit die Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten, mit besseren Ergebnissen bei geringeren Kosten. Mit Anwendungen wie ProHerz bekommen chronisch Erkrankte die Chance, zur/zum aktiven Manager:in der eigenen Erkrankung zu werden, indem sie ihre Gesundheit selbstständig kontrollieren können und immer im Blick behalten. Mehr Lebensqualität durch die konsequente Nutzung aller Chancen der digitalen Welt – verbunden mit einem umfassenden Datenschutz, einer einfachen Bedienung und dem Angebot direkter menschlicher Kontaktmöglichkeiten bei technischen Rückfragen – das ist das Ziel unserer Arbeit.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden zukünftig eine wichtige Säule der Behandlung insbesondere chronischer Erkrankungen sein. Wo stehen wir Ihrer Einschätzung nach in Deutschland?

Der politische Wille ist bereits da – die Umsetzung ist allerdings noch etwas holprig. Derzeit sind die Hürden vor allem im Bereich des Datenschutzes teilweise so hoch, dass sie sinnvolle Anwendungen behindern. Bei den digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollten die Ärzt:innen stärker eingebunden werden, also direkten Zugriff auf die Daten bekommen können. Unsere Nachbar:innen in Frankreich setzen das gerade um. Man könnte sagen: Das Spiel ist angepfiffen – es muss nur gemacht werden!  

 

Dr. med. Sebastian Eckl hat als Arzt in der Uniklinik Erlangen sowie im Klinikum Nürnberg Einblick in den klinischen Alltag gewonnen und seine Perspektive auf die medizinische Versorgung später mit einem MBA in Health Economics und einer Beratertätigkeit im Healthare-Bereich erweitert. 2019 gründete er die ProCarement GmbH mit dem erklärten Ziel, eine patient:innenzentrierte, integrierte und ortsunabhängige Therapiebegleitung mit digitaler Unterstützung zu etablieren. 

Die ProCarement GmbH wurde 2019 von Ärzt:innen ins Leben gerufen. In interdisziplinären Teams arbeiten Expert:innen aus Medizin, Pflege, IT, Wirtschaft und Zulassung. In der Vermarktung unterstützt die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Daneben unterstützen verschiedene Investor:innen aus dem Healthcare-Bereich das ProCarement-Team neben dem Investment auch mit relevanter Expertise und Netzwerk. Dazu gehört die Ortho Innvoations GmbH, corporate investment vehicle der Orthomol pharmazeutische Vertriebs GmbH. 

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