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Bedeutung von Folsäure und Vitamin B12 für die kognitiven Funktionen
Wie die beiden B-Vitamine, Folsäure und Vitamin B12, mit der kognitiven Funktion verbunden sind, war Gegenstand dieser aktuellen Querschnittanalyse in einer Kohorte älterer puerto-ricanischer Erwachsener. Niedrige Spiegel waren jeweils mit einer schlechteren kognitiven Funktion verbunden.
Hintergrund
Frühere Studienergebnisse zeigten, dass niedrige Spiegel von Vitamin B12 (B12) bzw. Folsäure sowie ein Ungleichgewicht zwischen hohem Folsäure- und niedrigem B12-Status mit eingeschränkten kognitiven Funktionen einhergehen können. Die B-Vitamine sind insbesondere mit der Kognition verbunden, weil sie für die Synthese von Monoamin-Neurotransmittern und die Bildung der Erythrozyten wesentlich sind. Häufig wird ein B12-Mangel in älteren Menschen beobachtet, bei denen die B12-Resorption aufgrund der verminderten Funktion des Intrinsic-Faktors des Magens im Alter zurückgeht.
Bei niedrigem Folatstatus kann es zu einem höheren Risiko für kognitive Einschränkung und Demenz kommen. In einer Studie ermittelten die Untersucher bei älteren Hispanoamerikanern eine direkte Verbindung zwischen Folatkonzentration in den Erythrozyten und den kognitiven Funktionen, außerdem eine umgekehrte Relation zwischen dem Folatspiegel und einer Demenzentwicklung. Eine hohe Folatzufuhr kann die negativen Effekte einer unzureichenden B12-Versorgung fördern, so zeigten Erwachsene mit niedrigem B12-Status und hohem Folsäurespiegel ein höheres Risiko für eine kognitive Leistungsschwäche. Im Gegensatz dazu erwies sich ein hoher Folsäurespiegel bei normalem B12-Status in dieser Hinsicht als protektiv.
Zur Klärung der Zusammenhänge untersuchten Boumenna et al. (Health University of Massachusetts Lowell) die beiden B-Vitamine im Hinblick auf die kognitiven Funktionen in einer epidemiologischen Studie.
Methoden und Ergebnisse
In der Boston Puerto Rican Health Study, einer Querschnittstudie, wurde die diätetische Aufnahme von Folsäure und B12 sowie die entsprechenden Plasmaspiegel untersucht. Diese Parameter wurden mit den kognitiven Funktionen einer Kohorte älterer Puertorikaner in Relation gebracht.
Bei den insgesamt 1.408 Studienteilnehmern im Durchschnittsalter von 57,1 (± 7,9) Jahren, Spanne 45 bis 75 Jahre, wurden die kognitiven Funktionen mit einer umfassenden Testreihe ermittelt und ein Gesamtpunktwert daraus abgeleitet. In Nüchternblutproben wurde der Folat-, der Vitamin B12- und der MMAa-Spiegel bestimmt.
Nach Korrektur im Hinblick auf verschiedene Kovariable fand sich ein Zusammenhang zwischen hohem Plasmafolat- bzw. hohem Plasma-B12-Spiegel und dem Gesamtpunktwert für die kognitiven Funktionen (β 0,063, p=0,053 bzw. β 0,062, p=0,023 für Log-Werte und β 0,002, pTrend 0,044 bzw. β 0,00018, pTrend 0,036 für den Trend über die Terzile).b
Bei 9% der Probanden wurde ein B12-Mangel (Plasmaspiegel <148 pmol/l oder MMA >271 nmol/l) festgestellt, dagegen zeigte kein Proband einen Folsäuremangel (Plasmafolat <4,53 nmol/l). Im Vergleich zwischen B12-Mangel und hohem B12-Status kam es zu einem signifikant niedrigeren Gesamtpunktwert für die kognitiven Funktionen bei Probanden mit Vitamin B12 Mangel (β -0,119, p=0,009). Da zu wenige Probanden (<1% der Kohorte) einen B12-Mangel zusammen mit einem hohen Folatspiegel aufwiesen, konnte die Interaktion zwischen den Vitaminen in dieser Subgruppe nicht untersucht werden.
Fazit
Jeweils einzeln betrachtet, zeigte sich für einen niedrigen Plasmaspiegel von Vitamin B12 und Folsäure ein Zusammenhang mit schlechteren kognitiven Funktionen. Der Vitamin-B12-Mangel war bei schlechteren kognitiven Funktionen prävalent und eindeutig mit diesen verbunden. Die Autoren der Studie sind der Auffassung, dass der Erkennung und Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels in dieser Bevölkerungsgruppe mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Zur Untersuchung des Effekts eines Vitamin-B12-Mangels bei gleichzeitig hohem Folsäurestatus sind weitere größere Studien erforderlich.
a. MMA: Methylmalonsäure. Am MMA-Stoffwechsel ist Vitamin B12 (Cobalamin) wesentlich beteiligt, MMA wird daher bei Verdacht auf Vitamin-B12-Mangel und auf genetische Defekte im Cobalaminstoffwechsel (z. B. Methylmalonazidurie mit Homocystinurie) bestimmt.
b. β ist das statistische Maß für Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren Merkmalen. Es zeigt an, in welchem Maße die Veränderung des einen Merkmals mit der Veränderung des anderen (der anderen) zusammenhängt. Die Korrelation kann Werte zwischen -1 und +1 annehmen, wobei +1 den vollkommen gleichlaufenden Zusammenhang anzeigt.
Quelle:
Boumenna T, Scott TM, Lee JS, et al. Folate, vitamin B-12, and cognitive function in the Boston Puerto Rican Health Study. Am J Clin Nutr 2021;113(1):179–86.
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