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Eisenversorgung und kognitive Funktionen in der Entwicklung

Eisen ist für eine gesunde Hirnfunktion unentbehrlich. Zerebrale MRT-Scans bei Kindern und Jugendlichen im Langzeitverlauf liefern Hinweise darauf, dass ein verminderter Eisengehalt selbst bei gesunden Heranwachsenden mit einer schlechteren kognitiven Leistung in Zusammenhang einhergeht.

Hintergrund

Die Eisenversorgung des Gehirns ist für eine Reihe von Aspekten der Hirnfunktion wichtig, wie z. B. den oxidativen Stoffwechsel, die Myelinisierung und die Synthese von Neurotransmittern. Abweichende Eisenkonzentrationen in den Basalganglien gehen mit neurodegenerativen Erkrankungen im Laufe des Lebens und mit kognitiven Defiziten einher. Doch sind die Vorgänge in Bezug auf die maßgebliche Entwicklung der Eisenspiegel bei Heranwachsenden und ihre Beziehung zur kognitiven Leistung noch wenig erforscht.

Mit dieser Wissenslücke befassten sich die Forscher um Bart Larsen (University of Pennsylvania) in ihrer aktuell im „Journal of Neuroscience“ veröffentlichen Studie.

Methoden und Ergebnisse

In die Studie wurde eine Längsschnittstichprobe von 922 Personen im Alter von 8 bis 26 Jahren (Durchschnittsalter 15,1 Jahre, 336 männlich, 486 weiblich) aufgenommen. Von jedem Teilnehmer lagen bis zu 4 MRT-Scans (Multiecho-T2*-Bildgebung) vor. Anhand der Stichprobe von 1.236 MRT-Untersuchungen ermittelten die Wissenschaftler die Längsschnittentwicklung der Eisenkonzentration in den Basalganglien. Die Eisenkonzentration wurde mittels R2*-Relaxometriea in vier Basalganglienregionenb bestimmt. Anhand verschiedener Modelle wurden lineare und nichtlineare Entwicklungsprozesse analysiert.

Es fanden sich über alle untersuchten Regionen hinweg Anstiege des R2*, wobei die größten und längsten Anstiege im Globus pallidus und Putamen zu verzeichnen waren. Weiterhin beobachteten die Wissenschaftler, dass sich die Entwicklungskurve im R2* im Putamen signifikant zu individuellen Unterschieden in der kognitiven Funktion verhielt, so stieg z. B. die kognitive Leistung (komplexe kognitive Funktionen, wie soziale Kognitionc und exekutive Funktionend) in Verbindung mit einer höheren Eisenkonzentration in der späten Adoleszenz bzw. im jungen Erwachsenalter an.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse dieser bisher größten Studie zur Entwicklung der zerebralen Eisenkonzentration beschreiben den Übergang vom Heranwachsenden- ins Erwachsenenalter als Phase der dynamischen Reifung des Hirngewebes im Hinblick auf die Eisenkonzentration in den Basalganglien. Insgesamt zeigen laut Fazit der Autoren die Ergebnisse, dass bei der Entwicklung von Heranwachsenden und jungen Erwachsenen eine längerfristige Phase der Eisenanreicherung in den Basalganglien vorliegt. Diese erstreckt sich bis ins Alter von ca. 25 Jahren. Dabei sind niedrigere Eisenkonzentrationen im Kindesalter mit einer schlechteren kognitiven Leistung im späten Heranwachsendenalter korreliert.

Weitere Studien seien erforderlich, um den Einfluss des Eisens auf die Kognition und die Hirnentwicklung zu ermitteln, doch wurde laut Autorenmeinung mit den vorliegenden Ergebnissen die Möglichkeit eröffnet, durch Eisensupplementierung die kognitive Leistung von Heranwachsenden mit diesbezüglichen Defiziten zu verbessern.

a. Relaxometrie: Bestimmung der Relaxation; Vorgänge, mit der die MRT-Magnetisierung ins Gleichgewicht zurückstrebt. Unterschiedliche Vorgänge zeigen sich im MRT anhand von unterschiedlichen Relaxationszeiten.
b. Die Basalganglien sind mehrere Kerne bzw. Kerngebiete des End- und Zwischenhirns (aus grauer Substanz), die unterhalb der Großhirnrinde liegen. In dieser Studie wurde in 4 Gebieten untersucht: Nucleus caudatus, Putamen, Globus pallidus und Nucleus accumbens.
c. Gruppe der kognitiven Prozesse behandelt, die sich mit den Leistungen der Selbst-Fremd-Differenzierung und des Selbst-Fremd-Austauschs befassen und die der Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen dienen.
d. Gruppe der kognitiven Kontrollprozesse, die höhere geistige Leistungen steuern und eine besondere Relevanz für allgemeine Lernprozesse haben.

 

Quelle
Larsen B, Bourque J, Moore TM, et al. Longitudinal development of brain iron is linked to cognition in youth. J Neurosci 2020;40(9):1810–8.

Bildquelle: © Тарас Нагирняк / stock.adobe.com

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