
Sternanis & Co.
Gewürze: nicht nur lecker, sondern gesund
Gewürze bringen Abwechslung in die Küche. Sie verändern den Geschmack der Speisen, können Reisen in Erinnerung rufen, Appetit auf mehr machen und die Phantasie von Köchen zu ganz neuen Kreationen beflügeln. Sie stammen aus der Rinde (Zimt), der Blüte (Nelke) oder der Frucht (Anis, Vanille) von Pflanzen, die in Europa nicht heimisch sind. Bei uns kommen sie meist getrocknet, fermentiert oder pulverisiert auf den Tisch. Ihr Duft regt oft unsere Phantasie an und nimmt uns mit auf eine Reise, wenn wir es nur wollen. Geschmack und Wirkung beruhen auf den ätherischen Ölen: Der wie ein Stern geformte Anis enthält z. B. Anethol, die nagelförmige Nelke das Eugenol. Der Duft der schlanken Vanillekapsel ist auf das Vanillin zurückzuführen. Und der raue Zimt verzaubert uns mit seinem Zimtaldehyd. Die Menge und Vielfalt der enthaltenen Öle können je nach Herkunft und Charge stark variieren. Deshalb ist es auch sehr schwer, gesundheitliche Effekte nachzuweisen.
Heimlicher Viruskiller
Wer in die Tiefe der in kleinsten Dosen verwendeten Nahrungsbestandteile schaut, kann Erstaunliches entdecken: Sternanis enthält Vorstufen von Stoffen, die gegen Viren wirken können.1 Sternanis selbst kann das natürlich nicht leisten. Das in den dekorativen Früchten enthaltene Anethol kann ein Enzym hemmen, das bei Alzheimer eine Rolle spielt.2 Die Dosis im Gewürz reicht dazu nicht aus, aber es steckt etwas drin, in den aromatischen Zutaten. Und das sind nur einige Entdeckungen. Als Kinder lernten wir schon, dass Anis als Hustenstiller dienen soll. Ihm wird eine bronchosekretolytische Wirkung nachgesagt. Oft gab es süße Anis-Bonbons als Streicheleinheit bei Erkältungen.
Betäubend und säubernd
Auch die Nelke ist in Arztpraxen keine Unbekannte: Sie ist das Gewürz der Zahnärzte. In geringen Dosen hat Nelke den Zauber, feinaromatisch zu sein. In höheren Dosen kann sie aber ganz schön auf den Nerv gehen. Und das liegt an dem Eugenol. Dieses ätherische Öl hat unter den Gewürzen wohl die höchste antioxidative Kraft.3 Eugenol wird eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben. Der Zahnarzt verwendet es als Lokalanästhetikum bei Wurzelkanalfüllungen. Aus diesem Grund fehlt es wohl auch nicht in Mundwässern – lecker, aber mit Beigeschmack.
Kommunikationskiller und Aphrodisiakum
Ein besonderes Früchtchen ist die Vanille. Das ätherische Öl in der Kapsel braucht ziemlich lange zum Reifen. Sie wird schonend fermentiert. Ob es dann der Hauptbestandteil, das Vanillin, ist, was die Wirkung entfaltet, ist nicht klar. Aber Vanille soll das Kommunikationssystem von Bakterien, Quorum sensing, stören können.4 Multiresistente Keime können dadurch empfindlicher gegenüber Antibiotika werden. Welche Menge dazu gebraucht würde, das ist unbekannt. Wer Vanille in Zusammenhang mit zartschmelzender Schokolade oder als verführende Bodylotion kennt, weiß, dass in Vanille mehr steckt: Sie spielt auch eine Rolle als Stimmungsaufheller und Aphrodisiakum – so sagt es die Volksmedizin.
Stoffwechselbooster
Spätestens beim Duft der hauchzarten Rindenscheibchen des Ceylon-Zimts oder des etwas plumpen Cassis-Zimts versinken wir in den Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. Zimt ist der Inbegriff der Weihnachtszeit. Ihm wird nachgesagt, Völlegefühl vorzubeugen, verdauungsfördernd und appetitanregend zu sein. Das gilt allerdings auch für viele andere Gewürze und hat womöglich mehr mit Weihnachtwünschen als mit Tatsachen zu tun. Beim Zimt scheiden sich die Geister in Bezug auf seine Wirksamkeit. Einige Forscher meinen, er können die Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus verbessern. Übergewichtige Patienten mit Diabetes scheinen eher auf Zimtextrakte anzusprechen als schlankere. Insgesamt ist die Wirksamkeit gering. Diskutiert wird auch eine blutdrucksenkende Wirkung. Zimt soll das Gesamtcholesterin senken können. Außerdem wird ihm ein positiver Einfluss auf unsere Darmbakterien zugeschrieben, der metabolische Effekte bewirken kann. Sicher ist: Zimt macht Zimtplätzchen zu dem was sie sind – leckere Süßigkeiten in der dunklen Jahreszeit! Halten wir fest: Gewürze sind vielfältige Stoffgemische und bewahren noch immer eine Vielzahl an Geheimnissen.
Quellen
[1] Patra JK et al. Phytother Res 2020; 34(6): 1248-1267.
[2] Bhadra S et al. Fitoterapia 2011; 82(3): 342-346.
[3] Harlina PW et al. J Food Sci Technol 2018; 55(12): 4719-4734.
[4] Shin H et al. Environ Sci Pollut Res Int 2020; 27(2): 1677-1685.
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