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Apotipp

Im Techno-Stress: Risiken und Nebenwirkungen einer digitalisierten Arbeitswelt

Ob PoS*-System, interaktiver Interaktions-Check oder elektronischer Medikationsplan – in vielen Apotheken ist digitales Arbeiten an der Tagesordnung. Mit der Ausstellung des digitalen Nachweises einer vollständigen Corona-Impfung und der Einführung des E-Rezeptes sind Apotheken aktuell einmal mehr am Zuge. Und schon sind wir mittendrin: in Prozessen, die schnell für Techno-Stress sorgen können.

Fluch statt Segen? Nebenwirkungen einer digitalisierten Arbeitswelt

Unter Techno-Stress verstehen Expert:innen eine Vielzahl unterschiedlicher Stresssymptome, wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Kopfschmerzen oder Ängste, die durch die vermehrte betriebliche Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien begünstigt werden.1 In einer groß angelegten Befragung von über 5.000 Erwerbstätigen in Deutschland bewertet jede/r achte Befragte die Belastungsfaktoren bei digitaler Arbeit als stark bis sehr stark. Arbeitsdruck nimmt sogar noch zu, negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit sind die Folge.2

Fünf Dimensionen von Techno-Stress – auch in der Apotheke

Den Belastungsfaktoren bei digitaler Arbeit versucht die britische Forschergruppe um Professorin Monideepa Tarafdar an der Lancaster University schon seit über einem Jahrzehnt auf die Spur zu kommen.3 Das Ergebnis: So komplex wie die Digitalisierungsprozesse sind, so vielschichtig ist der Techno-Stress. Tarafdar entschlüsselt fünf Dimensionen von Techno-Stress, die seine Entstehung erklären:

- Der Techno-Overload beschreibt Situationen, in denen die Informations- und Kommunikationstechnologien die Nutzer dazu zwingt, schneller, länger oder mehr zu arbeiten. Bei Einsatz von digitalen Bestell-Softwares in Form von Apps müssen Mitbeiter:innen unter Umständen Anfragen über diverse Kanäle zusammenführen und verwalten.

- Die Techno-Invasion steht für die ständige Erreichbarkeit über digitale Netzwerke und Medien. Damit die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben nicht verschwimmt, sind Vorgesetzte und Mitarbeitende selbst gefordert, Absprachen und Übergaben in den Arbeitszeiten zu tätigen.

- Die Techno-Komplexität drückt aus, wie viel Zeit und Anstrengung zum Erlernen und Verstehen von Informations- und Kommunikationstechniken erforderlich sind. Wenn eine neue Software die Schnittstelle zwischen Apotheke und Großhandel steuert, macht sich jedes Teammitglied in seinem eigenen Tempo mit Anwendungen und Funktionen vertraut – sonst wächst der Druck, kann ein Gefühl von Unfähigkeit entstehen.

- Die Techno-Insecurity bringt zum Ausdruck, dass sich Angestellte von der Digitalisierung bedroht fühlen ihren Arbeitsplatz zu verlieren – entweder aufgrund der Automatisierung oder durch andere, die ein besseres technisches Verständnis mitbringen. Vorsicht ist geboten, sobald sich Kolleg:innen gegenseitig überbieten, anstatt sich beim Erlernen von digitalen Anwendungen zu unterstützen.

- Die Techno-Uncertainty veranschaulicht Zusammenhänge, in denen die kontinuierlichen Veränderungen und Erweiterungen der digitalen Technik die Anwender verunsichern. Ein neues Update, die aktuellste Version, eine bessere Alternative – sobald die digitalen Systeme mehr Unsicherheit verbreiten, als unterstützen, braucht es unter Umständen einen digitalen Coach für die eigene Apotheke.

Was bedeutet das für das Unternehmen Apotheke? Auch in der digitalisierten Arbeitswelt der Apotheke können die psychosozialen Arbeitsbelastungen steigen. Für die betriebliche Gesundheitsförderung, ein gutes Mitarbeiterklima und eine zukunftsfähige Organisation gilt es, neue Ansätze und Gestaltungshilfen zu verankern. So können Mitarbeiter:innen Schritt halten und nur dann kann die Apotheke von Chancen der Digitalisierung profitieren.

Mit IT-Achtsamkeit vorangehen

Wichtig zu wissen: Das Techno-Stressempfinden wird nicht allein durch die Technologie beeinflusst, sondern auch durch die Persönlichkeitsstruktur des Nutzer:innen.4 Beispielsweise sind Personen, die als emotional sensibel, ängstlich und pessimistisch gelten, besonders anfällig für Techno-Stress. Während Innovationsfähigkeit und ein achtsamer Umgang mit Informationstechnik eher dazu führen, dass Techno-Stress als positiver Eustress wahrgenommen wird. Der Einsatz neuer Technologien und die Umstellung auf digitale Abläufe wird zwar als fordernd und gleichzeitig als anregend erlebt.4 Dies bietet eine Chance für die oder den Apotheker:in, sich wichtige Mitstreiter:innen im Team zu suchen, die den digitalen Wandel unterstützen und andere Teammitglieder mitziehen.

Jetzt in unserem Download: „Wirksam gegen Techno-Stress  – Stellschrauben für einen entspannteren Umgang mit Digitalisierung".

 

 

* PoS = Point of Sale


[1] Mach S, Dostmann J, Bojko M, et al. Der Zusammenhang von Technostress im Alltag, Persönlichkeitseigenschaften und Stress während einer Montageaufgabe. Conference Paper, Frühjahrskongress 2020, Berlin.

[2] Gimpel H, Lanzl J, Regal C, et al. Gesund digital arbeiten?! Eine Studie zu digitalem Stress in Deutschland. Augsburg: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, 2019.

[3] Tarafdar M, Tu Q, Ragu-Nathan. Impact of technostress on end-user satisfaction and performance. J Manag Inf Sys. 2011;27(3):303-334.

[4] Maier C, Laumer S, Wirth J, Weitzel T. Technostress and the hierarchical levels of personality: a two-wave study with multiple data samples. Eur J Inf Sys. 2019;28(5):496-522.

 

 

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