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Wissensvorsprung

Liefern Veggie-Alternativen genügend Nährstoffe?

Ob Soja-Burger, Seitan-Geschnetzeltes, Mandel- oder Hafermilch – immer mehr Menschen konsumieren vegane oder vegetarische Alternativen zu tierischen Produkten.1 Da die Veggie-Alternativen Wurst, Fleisch, Milch etc. in Aussehen und Geschmack nahezu perfekt nachahmen, könnten Verbraucher:innen vermuten, dass auch deren Nährstoffprofile mit den tierischen Produkten übereinstimmen.2 Doch davon ist angesichts der unterschiedlichen Inhaltsstoffe nicht auszugehen.1 Um herauszufinden, wie sich pflanzliche Ersatzprodukte auf die ernährungsphysiologische Qualität der Ernährung auswirken, sind Simulationen von Ernährungsszenarien geeignet.

Mehr Ballaststoffe und PUFA, weniger Zink- und Vitamin B12

Kanadische Forscher haben für ihre Simulation die Ernährungsdaten von über 20.000 Personen (≥ 1 Jahr) aus der „Canadian Community Health Survey“ (CCHS)-Nutrition 2015 zugrunde gelegt.3 Sie analysierten, wie sich eine Verdoppelung des Verzehrs von derzeit konsumierten pflanzlichen Fleischalternativen und einer Verringerung des Verzehrs von rotem und verarbeitetem Fleisch um die Hälfte auf die Ernährungsqualität und Nährstoffaufnahme auswirkt.3 Dieses Ernährungsszenario führte zu einem signifikanten Anstieg der Zufuhr von Ballaststoffen, von mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Polyunsaturated Fatty Acids, PUFA) sowie von Magnesium und Folatsäure-Äquivalenten in der Nahrung. Demgegenüber stand eine signifikante Abnahme der Aufnahme von Protein, Cholesterin, Zink und Vitamin B12.3 Insgesamt zeigte die Modellierung, dass der teilweise Ersatz von rotem und verarbeitetem Fleisch durch pflanzliche Alternativen die Gesamtqualität der Ernährung verbesserte, aber die Aufnahme einiger Mikronährstoffe, insbesondere von Zink und Vitamin B12, negativ beeinflussen kann.3

Calcium- und Jod-Defizit bei pflanzlichem Milchersatz

In einer aktuellen Studie simulierten Ernährungswissenschaftler:innen die Substitution von Fleisch, Milch und Milchdesserts durch pflanzliche Alternativen bei einer Kohorte von 2.121 Erwachsenen in Frankreich.4

Für alle modellierten Substitutionen zeigte sich, dass sojabasierte Ersatzprodukte zu einer leicht verbesserten Ernährungsqualität führten, während Ersatzprodukte auf Getreidebasis die Nährstoffzufuhr und -sicherheit verringerten.4

Insgesamt resultierten die Substitutionen in einer höheren Aufnahme von Ballaststoffen, der ungesättigten Fettsäuren Linolsäure und Alpha-Linolensäure (ALA) sowie Vitamin E und Folat. Hingegen erhöhte sich das Risiko für einen Mangel an Vitamin B12 und Riboflavin. Betrachteten sie nur den Ersatz von Fleisch, führte dieser zu einer Abnahme an bioverfügbarem Zink und Eisen.

Der Ersatz von Milch und Milchdesserts hatte in der Simulation ein Calcium- und Joddefizit zur Folge.4 Jedoch war es möglich, mit Calcium angereicherten Milchersatzprodukten eine ausreichende Calciumzufuhr sicherzustellen.

Ein erhöhtes Risiko für Jodmangel blieb bei der Substitution von Milchprodukten allerdings bestehen, was eine Jodanreicherung rechtfertigen könnte, so die Autor:innen.4

Sojamilch ähnelt Kuhmilch am stärksten

Für die Pflanzendrinks spricht, dass sie keine Laktose, kein Cholesterin und weniger gesättigte Fettsäuren enthalten, dafür Ballaststoffe und mehr ungesättigte Fettsäuren als Kuhmilch.5 In einem Vergleich von vier milchfreien Alternativen – Sojamilch, Mandelmilch, Reismilch und Kokosmilch – schnitt Sojamilch übrigens als die ernährungsphysiologisch beste Alternative ab.5 Denn Sojamilch ähnelt Kuhmilch in ihren Hauptnährstoffen am stärksten.5 Zudem hat sie unter den pflanzlichen Milchalternativen den höchsten Proteingehalt. Allerdings wird Kuhmilch mit 1,9 mg Calcium (Ca) pro Kilokalorie (kcal) im Vergleich zu Mandelmilch (0,46 mg Ca/kcal) und Sojamilch (0,62 mg Ca/kcal) als die deutlich bessere Calciumquelle eingestuft.5 Kuhmilch stellt außerdem eine wichtige Jodquelle dar, während die pflanzlichen Milchalternativen nur einen Bruchteil der Jodmengen konventioneller Milch bieten.6 Wer stets zu Milchalternativen ohne Jodzusatz greift und auch mit anderen Nahrungsmitteln nicht genug Jod aufnimmt, riskiert daher einen Jodmangel.6

Bisher gibt es kaum Studien über die Auswirkungen des Konsums von Veggie-Alternativen. Zusammensetzung und Inhaltsstoffe lassen positive Effekte vermuten. Doch bei einem vollständigen Ersatz der tierischen Produkte durch Pflanzenkost sollte man darauf achten, den Bedarf an kritischen Nährstoffen wie Vitamin B12, Riboflavin, Zink, Eisen, Calcium und Jod durch andere Lebensmittelquellen zu decken.

 

Quellen

1 Oswald V. Zahlen und Fakten zum veganen Trend in Deutschland. Verfügbar unter veggieworld.eco/zahlen-fakten-vegan-trend-deutschland/. [07.06.2021]. 

2 Curtain F, Grafenauer S. Plant-based meat substitutes in the flexitarian age: an audit of products on supermarket shelves. Nutrients 2019;11(11):2603.

3 Vatanparast H, Islam N, Shafiee M, et al. Increasing plant-based meat alternatives and decreasing red and processed meat in the diet differentially affect the diet quality and nutrient intakes of Canadians. Nutrients 2020;12(7).

4 Salomé M, Huneau J-F, Le Baron C, et al. Substituting meat or dairy products with plant-based substitutes has small and heterogeneous effects on diet quality and nutrient security: a simulation study in French adults (INCA3). J Nutr 2021.

5 Vanga SK, Raghavan V. How well do plant based alternatives fare nutritionally compared to cow's milk? J Food Sci Technol 2018;55(1):10–20.

6 Bath SC, Hill S, Infante HG, et al. Iodine concentration of milk-alternative drinks available in the UK in comparison with cows' milk. Br J Nutr 2017;118(7):525–32.

 

Bildquelle: © Jacob Lund/stock.adobe.com

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