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Schon gewusst?

Mikronährstoffversorgung bei vegan/vegetarisch ernährten Kindern

Zur Mikronährstoffversorgung von Kindern, die vegan oder vegetarisch ernährt werden, gibt es nur eine sehr schwache Datenlage. Die meisten Studien stammen aus den 70er- bis 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Deshalb wird immer noch kontrovers diskutiert, ob Kinder, die keine Fleisch-, Fisch- und Milchprodukte verzehren, ausreichend mit Mikronährstoffen versorgt sind. Im vergangenen Jahr wurde eine aktuelle Untersuchung1 dazu veröffentlicht.

Online-Befragung und Ernährungsprotokolle

430 Kinder im Alter von einem bis drei Jahren, die vegan (n=127), vegetarisch (n=139) oder omnivor (n=164) ernährt wurden, nahmen an der Studie teil. Die Eltern füllten dazu einen Online-Fragebogen aus, der soziodemographische Daten erfasste. Lebensstil und Geburtsgewicht wurden ebenso abgefragt. Die Nährstoffaufnahme wurde anhand von Ernährungsprotokollen ermittelt. Die Eltern wurden aufgefordert, die Nahrungsaufnahme an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu erheben. Die Speisen wurden gewogen. Mahlzeitenreste wurden ebenfalls gewogen und subtrahiert. Manche Kinder erhielten Vitamine und Mineralstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Dies wurde aufgezeichnet und floss in die Auswertung ein.   

Veganer:innen haben die Nase vorn

Kleinkinder, die vegan oder vegetarisch ernährt wurden, wiesen in der Studie die bessere Mikronährstoffversorgung auf als omnivor ernährte Kinder. Sie nahmen die meisten Mikronährstoffe in ausreichender Menge auf. Insbesondere die Fettsäurequalität war bei diesen beiden Proband:innengruppen besser. Doch gab es über alle Gruppen hinweg auch eine kritische Versorgung mit Vitamin D, Jod und der Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA).  

Bei veganer Ernährung dringend beachten 

Obwohl Kinder mit veganer Ernährungsweise von den meisten Nährstoffen ausreichend erhalten, gibt es einzelne Mikronährstoffe, die ergänzt werden sollten. So betrachten die Studienautor:innen die Vitamin-B12-Versorgung als kritisch und raten zur Supplementierung. In der Untersuchung haben viele Eltern dieses nur in tierischen Produkten vorkommende Vitamin bereits supplementiert bzw. verwendeten Nahrung, die mit dem Vitamin angereichert war. Auch vegetarisch ernährte Kinder nehmen zu wenig von diesem Vitamin auf und sollten eine Supplementierung erhalten. 

Auch Riboflavin (Vitamin B2) wurde sowohl von Veganer:innen und auch Vegetarier:innen zu wenig aufgenommen, obwohl Vitamin B2 in Milchprodukten enthalten ist. Anders verhielt es sich beim Calcium: vegetarisch essende Kinder waren hier ausreichend versorgt, vegan ernährte nicht. Riboflavin sollte demnach bei beiden Gruppen ergänzt werden, Calcium nur bei Veganer:innen. Die Proteinversorgung wurde in dieser Studie nicht untersucht, muss aber individuell beobachtet werden: Viele Kinder lehnen alternative Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte ab. 

Entwarnung bei Eisen

Im Gegensatz zu Omnivoren sind die Hämoglobin- und Ferritinspiegel bei vegan oder vegetarisch Ernährten etwas niedriger, die Eisenaufnahme aber höher. Dies bestätigt die schlechtere Bioverfügbarkeit von Eisen aus pflanzlichen Quellen. Die Versorgung der Kinder, die auf Fleisch und Fisch verzichten, war in der Untersuchung aber ausreichend gut.  

Omnivore sollten auf Cholesterin achten 

Vegan ernährte Kleinkinder waren mit hochwertigen Fettsäuren, wie den einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (MUFA, PUFA), am besten versorgt, gefolgt von den Kindern mit vegetarischer Ernährung. Fleisch- und Fisch-essende Kinder nahmen am wenigsten MUFA und PUFA auf. Sie waren auch die einzige Gruppe, die mehr Cholesterol verzehrte als empfohlen. Allerdings enthielt ihre Nahrung mehr Eicosapentaensäure (EPA) und DHA – zwei Omega-3-Fettsäuren, die eine zentrale Rolle beim Sehen und bei der Gehirnentwicklung in diesem Alter spielen. Die Studienautor:innen empfahlen eine Supplementierung bei veganer oder vegetarischer Ernährung mit Algen bzw. den Verzehr guter Alanin-Quellen. Alanin wird für die DHA-Synthese aus pflanzlichen Vorstufen benötigt, wie sie etwa in Leinöl vorkommen. Die Autor:innen empfehlen Leinsamen- oder Rapsöl anstelle anderer Fettquellen. 

Vegan ja, aber bitte supplementieren

Eine weitere Studie2 zu diesem Thema kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine „gut geplante“ vegane Ernährung von Kindern vorteilhaft sein kann. Sie identifizierte trotzdem drei kritische Nährstoffe: Vitamin B12, Calcium und Vitamin D. Dafür stellte sich die Versorgung mit Vitamin C und Folsäure deutlich besser dar als bei Omnivoren. Gut geplant heißt demnach, bekannte Nährstoffdefizite durch Supplementierung auszugleichen und kritische Mikro- wie Makronährstoffe im Blick zu behalten. Dann könnten die Vorteile pflanzlicher Ernährungsformen, etwa die statistisch häufigere Einhaltung des Normgewichtes und ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, voll ausgeschöpft werden.  

 

 

Quellen:

[1] Weder S et al. Intake of micronutrients and fatty acids of vegetarian, vegan, and omnivorous children (1-3 years) in Germany (VeChi Diet Study). Eur J Nutr 2022; 61:1507–1520. 

[2] Sutter DO, Bender N. Nutrient status and growth in vegan children. Nutr Res 2021; 91:13–25. 

 

 

Bildquelle: @Adobe Stock

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