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Schwangerschaft: Mikrobiom entscheidet über Frühgeburtenrate
Bei spontanen Frühgeburten spielt auch die mütterliche perinatale Ernährung eine wichtige Rolle. Ernährt sich die Schwangere weitgehend fettreich und ballaststoffarm, beeinflusst dies Darmflora und Stoffwechsel. Die Veränderungen können als Hinweis auf ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko dienen.
Hintergrund
Eine stark verarbeitete Kost, die einen hohen Fett- und einen niedrigen Ballaststoffanteil aufweist, geht beim Menschen mit einer Veränderung der Darmflora und mit ungünstigen gesundheitlichen Folgen einher. Derzeit ist noch zu wenig über die Beziehung zwischen Ernährung und Darmflora (sog. Mikrobiom) und über ihre Auswirkungen in der Schwangerschaft bekannt.
In einer prospektiven, eingebetteten Fall-Kontroll-Studie in der Schwangerschaft mit nach Rasse und Adipositas-Schweregrad passenden Fällen (n=16) und Kontrollprobandinnen (n=32) untersuchten die Verfasser:innen des vorliegenden Beitrags das fäkale Mikrobiom, die Metaboliten in Faeces und Plasma sowie die Ernährung der schwangeren Frauen zum Ende des zweiten Trimenons. Es sollte die Hypothese überprüft werden, ob eine westliche Kost mit einer reduzierten Mikrobiota-Vielfalt und einem Stoffwechselabdruck einhergeht, mit denen sich das Auftreten von spontanen Frühgeburten (SPTB, spontaneous preterm birth) prognostizieren lässt.
Methoden und Ergebnisse
Die Studie umfasste die Querschnittsuntersuchung der Ernährung, des fäkalen Mikrobioms und der Metabolite in Faeces und Plasma bei Studienbeginn, gefolgt von einer prospektiven Beobachtung der klinischen Ergebnisse zwischen Frauen mit termingerechten Geburten und mit Frühgeburten.
Die fäkalen Mikrobiota wurden mittels Sequenzierung des 16S-rRNA-Gens charakterisiert und die Metaboliten im Plasma sowie in den Faeces durch Metabolomika analysiert.
Im Wilcoxon-Rangsummentest wurden Vergleiche zwischen Mikrobiota-Gattungen, Alpha-Diversität, Metaboliten in Faeces und Plasma sowie den Ernährungsvariablen zwischen Schwangeren mit Geburten am Termin sowie mit Frühgeburten angestellt. Die Beta-Diversität wurden mittels permutativer multivariater ANOVA (PERMANOVA) und die Metaboliten-Zusammenhänge durch Modulanalyse ermittelt.
Insgesamt 301 Erstgebärende wurden nach der 20. – 26. Schwangerschaftswoche (SSW) in die Studie aufgenommen. Der Schwangerschaftsverlauf wurde überwacht und die Frauen bis nach der Geburt des Kindes nachbeobachtet. Zu den Ausschlusskriterien zählten u. a. HIV-Infektion der Mutter, Mehrlingsschwangerschaft, Chromosomenanomalien oder vegane Ernährung der Schwangeren. Insgesamt 16 Frauen hatten Frühgeburten vor der 37. SSW, dabei sah man bei vier Frauen frühe SPTB (24.–30. SSW) und bei 12 Frauen späte SPTB (31.–36. SSW). Jeder Fall wurde zwei passenden Kontrollprobandinnen zugeordnet.
Eine Verminderung der Alpha-Diversität im Mikrobiom zeigte einen deutlichen Zusammenhang mit dem Auftreten von SPTB, insbesondere in der Taxonomie-Klasse der Betaproteobakterien. Von 824 Metaboliten in den Faeces unterschieden sich 22 Metabolite, speziell in der Gruppe der Lipide, signifikant zwischen Fällen und Kontrollprobandinnen (p<0,01), wobei höhere Anteile der Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA, 22:6n-3) und der Eicosapentaensäure (EPA, 20:5n-3) bei den Fällen zu verzeichnen waren (Falscherkennungsrate FDR <0,2).
Das Modul des fäkalen Metabolits mit der höchsten Signifikanz (FDR=0,008) wurde dominiert von DHA und EPA. Bei den Fällen war die Aufnahme von gesättigten Fetten mit der Nahrung (in der Hauptsache Palmitat, ein Ester der Palmitinsäure) höher als bei den Kontrollprobandinnen (im Mittel 31,38 vs. 26,08 g, p=0,045) und korrelierte positiv mit der DHA und EPA in den Faeces (p<0,05).
Fazit
Eine verminderte Alpha-Diversität des intestinalen Mikrobioms und eine verstärkte Ausscheidung von Omega-3-Fettsäuren mit dem Stuhl könnte als neuartiger Biomarker dienen, mit dem sich spontane Frühgeburten bei Schwangeren, die sich vornehmlich ballaststoffarm und fettreich ernähren, prognostizieren lassen. Zur Validierung des neuen Markers sind weitere Studien in einer größeren Kohorte von Schwangeren erforderlich.
a. Metabolomik: befasst sich mit der Erforschung sämtlicher Stoffwechselprodukte und -eigenschaften (Metabolom) von Zellen und Geweben. Es werden einzelne Stoffwechselwege im Hinblick auf ihre Umsatzraten und Enzymaktivitäten untersucht.
b. Falscherkennungsrate (FDR, false discovery rate): findet als sehr strenges Korrekturverfahren Anwendung bei Durchführung einer großen Zahl von Hypothesentests.
Quelle:
Gershuni V, Li Y, Elovitz M, et al. Maternal gut microbiota reflecting poor diet quality is associated with spontaneous preterm birth in a prospective cohort study. Am J Clin Nutr 2021;113(3):602–11.
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