Ob bei der Arbeit, in der Schule oder Universität, im Alltag oder Privatleben: Erwachsene und junge Menschen, die unter einer permanent hohen Stressbelastung und Reizüberflutung leiden, benötigen Strategien, wie sie mit dem Stress umgehen können. Für einen Stressabbau sind persönliche Lösungen gefragt, die ganz unterschiedlich aussehen können, denn jeder Mensch reagiert individuell verschieden auf chronischen Stress. Was alle Gestressten aber benötigen, ist ausreichend Raum für Auszeiten, damit sich der Körper und die Psyche wieder regenerieren und entspannen können. Denn Dauerstress macht krank.
Welche Möglichkeiten stehen uns zur Verfügung, um Stress zu loszuwerden und für mehr Entspannung zu sorgen? Mit folgenden Tipps kannst Du Stress reduzieren, Deine Resilienz, d. h. Deine Widerstandskraft stärken und für eine ausgeglichene und bessere Work-Life-Balance sorgen.
Umgang mit Stress: Durchhalter, Vermeider oder Kämpfer?
Wie wir akuten Stress wahrnehmen und damit umgehen, hängt immer von der „Dosis“ und unserer eigenen Einstellung zu den Stressauslösern ab. Häufiger, intensiver, langandauernder Stress kann sich negativ auf unsere körperliche und psychische Gesundheit auswirken und das Risiko u. a. für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen-Darm-Probleme, Schlafstörungen, Depressionen, Ängste und Burnout erhöhen. Ob wir aber durch Stress krank werden, liegt auch an den uns zur Verfügung stehenden eigenen Ressourcen zur Stressbewältigung. Über je mehr Widerstandskraft (Resilienz) wir verfügen, desto besser können wir mit inneren und äußeren Stressfaktoren umgehen.
3 Stress-Typen am Arbeitsplatz
Es haben sich drei Stress-Typen im Umgang mit Stress bei der Arbeit herauskristallisiert: Es gibt die sogenannten Durchhalter:innen, die zur Bewältigung von Stressphasen das Motto „Augen zu und durch“ pflegen und dabei hoffen, dass dieser Zustand möglichst schnell wieder vorbeigeht. Dann gibt es die Vermeider:innen, die entweder den Rückzug antreten, sobald Stress droht oder einfach Abwarten, bis sich die Situation (hoffentlich) wieder beruhigt. Der dritte Stress-Typus ist der:die Kämpfer:in, der Stress als Herausforderung ansieht und dann zu Höchstformen aufläuft. Kämpfer:innen empfinden die Anforderungen eher als positiven Stress.
In einer Umfrage sollten die Teilnehmer:innen ihren Umgang mit Stress einschätzen und sich einer Gruppe der drei Stress-Typen zuordnen. Das Ergebnis ergab, dass sich die meisten Menschen in Deutschland (56 Prozent) als Typus Durchhalter:in sehen. Sie sind vom Stress genervt, aber ertragen die Anspannung für eine gewisse Zeit. 16 Prozent der Teilnehmer:innen sehen sich als Kämpfer:in, die etwas erreichen wollen und Stress dafür in Kauf nehmen. Vermeider:innen sind hingegen sind am wenigsten unter den Stresstypen vertreten. Unterschiede bei Frauen und Männern gab es laut der Umfrage kaum.

Methoden zum Stressabbau und zur Stressprävention
Was kannst Du aber tun, wenn sich Stress nicht vermeiden lässt und Du nicht zu Stress-Typus Kämpfer:in gehörst? Wie gehst Du am besten mit ständiger Überforderung um und wie kannst Du Stress vorbeugen? Jeder Mensch reagiert auf seine persönliche Art auf Stressfaktoren. Daher gibt es verschiedene individuelle Möglichkeiten, Stress abzubauen. Manche genießen einen Spaziergang an der frischen Luft, um wieder runterzukommen, andere powern sich im Fitnessklub aus, um den Kopf wieder freizubekommen.
Die wohl wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme lautet: Sich immer wieder kurze oder längere Auszeiten nehmen, damit sich Körper und Geist vom Stress erholen können. Für den Stressabbau und zur Stressprävention eignen sich u. a. Entspannungs- und Achtsamkeitsverfahren, Sport, eine gesunde Ernährung und eine gute Schlafqualität. Sinnvoll ist immer eine Kombination verschiedener Maßnahmen. Denn auf der einen Seite müssen wir Stress im Kopf abbauen, d. h. Abstand gewinnen, negative Gedanken und Gefühle akzeptieren, unseren Blickwickel ändern und Ausgleich finden. Auf der anderen Seite spielt der Körper eine genauso wichtige Rolle beim Stressabbau. Das betrifft z. B. das Lösen muskulärer An- und Verspannung. Mit folgenden Methoden und Tipps kannst Du ganzheitlich für mehr Ruhe, Gelassenheit und Entspannung in Deinem Leben sorgen:
Eigene Bedürfnisse wahrnehmen
Eine Grundvoraussetzung, um Stress besser bewältigen zu können, ist die bessere Wahrnehmung eigener Bedürfnisse. Dazu gehört einerseits, sich selbst und seine Wünsche, Träume und Sehnsüchte besser kennenzulernen, andererseits aber auch die persönlichen Stressfaktoren (Stressoren) rechtzeitig erkennen, die uns permanent in Alarmbereitschaft versetzen.
Stress entsteht häufig auch aufgrund eigener (zu) hoher Ansprüche und Perfektionismus. Die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, sich neue Ziele zu setzen und eine veränderte Sichtweise auf die stressigen Dinge und Stressauslöser zu entwickeln, können zur Entspannung in belastenden Situationen beitragen. Manchmal wird für eine solche Verhaltensänderung auch professionelle Hilfe nötig. Eine kognitive Verhaltenstherapie im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung wäre eine geeignete Maßnahme zum Stressabbau.
Entspannungsmethoden lernen
Mithilfe von verschiedenen Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, MBSR, Yoga, Meditation, Tai-Chi oder Qigong können wir Stress reduzieren. Insbesondere etablierte Verfahren wie Autogenes Training und die Progressive Muskelrelaxation haben sich nachweislich zur Stressbewältigung bewährt und werden auch von der Deutschen Gesellschaft für Entspannungsverfahren (DEGV) empfohlen.
Entspannungsverfahren eigenen sich zur gesundheitsfördernden Prävention von Stress. Sie sollen eine übermäßige Anspannung von Körper und Psyche reduzieren und mehr Gelassenheit fördern. Auch als Nachsorge und als unterstützende Behandlung bei verschiedenen Erkrankungen sowie zur Selbstregulierung unserer vegetativen Funktionen eignen sich Entspannungsmethoden, die wir in Kursen lernen und anschließend zu Hause regelmäßig praktizieren können. Darüber hinaus fördern wir gesunde Verhaltensweisen, unsere Konzentrationsfähigkeit und die Wahrnehmung für Körpersignale und Empfindungen.
Achtsamkeit (MBSR) praktizieren
Mindfulness-Based Stress Reduction, kurz MBSR, ist eine bewährte Methode für den Stressabbau. Entwickelt wurde die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion im Jahr 1979 von dem amerikanischen Wissenschaftler, Arzt und Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn. Die Wirksamkeit von MBSR bei einigen körperlichen und psychischen Beschwerden ist in zahlreichen Studien gut untersucht und belegt. Mithilfe eines MBSR-Kurses können wir Stress reduzieren und unsere Gesundheit fördern, was sich wiederum positiv auf unser Leben und unsere Work-Life-Balance auswirkt.
MBSR verbindet verschiedene Formen der Meditation, Übungen in Ruhe und in Bewegung mit Ansätzen aus den Bereichen der Psychologie und Stressforschung. Meditationstechniken wie der Bodyscan, die Sitz-Meditation und Geh-Meditation sowie achtsamkeitsbasiertes Yoga (Hatha-Yoga) sind fester Bestandteil dieser Achtsamkeitsmethode.
Wie die achtsamkeitsbasierte Stressabbau funktioniert, kannst Du hier nachlesen: MBSR.
Bewegung und Sport in den Alltag integrieren
Stress abbauen gelingt auch über Bewegung, Krafttraining und Sport. Daher wäre ein festes Zeitfenster für regelmäßige Bewegung und Sport eine wichtige Maßnahme zum Stressabbau – sowohl für Männer als auch für Frauen. Ob Anti-Stress-Workouts und Krafttraining in einem Fitnessklub oder Joggen, Walken, Schwimmen, Radfahren, ein Spaziergang an der frischen Luft – jede Form der Bewegung tut dem Körper und der Psyche gut und trägt zur Stressreduktion bei. Eine körperliche Verausgabung in Maßen soll sogar auch Stresshormone (Adrenalin, Cortisol) abbauen.
Auf eine nährstoffreiche Ernährung achten
Wer sich dafür interessiert, Stress zu reduzieren, sollte sich auch mit seiner Ernährung auseinandersetzen. Fester Bestandteil einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung sind Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und gesunde Fette (ungesättigte Fettsäuren). Die Nahrung sollte möglichst vielseitig, farbenfroh und abwechslungsreich sein, damit Du Deinen Körper mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen versorgen kannst. Eiweißreiche Nahrungsmittel gehören ebenfalls zu einer gesunden Ernährung. Eier, Sojaprodukte, Hülsenfrüchte und Fisch sind z. B. gute Eiweißlieferanten.
Insbesondere B-Vitamine und Mineralstoffe wie Magnesium, Kalium, Jod, Kupfer, Eisen, Kalzium und Zink sind eine gute Basis für starke Nerven, denn sie wirken auf unser Nervensystem, schützen unsere Zellen vor oxidativem Stress und tragen zu einer normalen geistigen Leistung bei. Haferflocken, Hülsenfrüchte, Bananen, Nüsse, Eier und Fisch sind als gute Vitamin-B-Quelle zu empfehlen.
Fleisch hingegen sollte möglichst nur in Maßen verzehrt werden. Helles Geflügelfleisch ist rotem Fleisch vorzuziehen, denn der Genuss von zu viel Rind- und Schweinefleisch kann das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und für verschiedene Krebsarten (Darm, Bauchspeicheldrüse, Prostata) erhöhen.
Zu einer ausgewogenen Ernährungsweise gehört auch, dass Du ausreichend Flüssigkeit über den Tag aufnimmst. Empfohlen werden 1,5 bis 2 Liter Wasser oder ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Versuche Dir möglichst etwas Zeit zum Essen zu nehmen. Schnell nebenher Kleinigkeiten essen oder unkonzentriert neben dem Computer größere Mengen verschlingen, tut dem Körper und der Verdauung nicht gut.

Soziale Kontakte und Hobbys pflegen
Nicht nur ein gewisses Maß an körperlicher Verausgabung baut Stresshormone ab, auch die Pflege von Hobbys und Freizeitaktivitäten können den Stresspegel nach unten regulieren und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol in ein natürliches Gleichgewicht bringen.
Sich mit guten Freund:innen treffen, Dinge unternehmen, die einem Freude bereiten, können seelische Spannungen lösen und sich positiv auf unser Hormonsystem auswirken. Musik hören, Bücher lesen, in die Sauna, ins Kino oder Theater gehen, Massagen genießen, gemeinsam mit Freund:innen kochen, Spaziergänge im Wald und in der Natur unternehmen – die Vorfreude auf bestimmte Ereignisse lassen unser stimmungsaufhellendes Hormon Endorphin und unsere Wachstumshormone ansteigen. Dadurch stärken wir unser Immunsystem und schütten parallel dazu werden weniger Stresshormone aus.
Work-Life-Balance herstellen
Wer bei der Arbeit oder im Alltag permanent Höchstleistungen erbringen und ständig erreichbar sein muss, sollte besonders aufmerksam auf Symptome von Dauerstress achten und für ein Ausgleich sorgen. Gerät das Verhältnis Arbeit und Privatleben über längere Zeit in Schieflage, kann es durch die dauernde Alarmbereitschaft des Körpers zu chronischem Stress kommen und damit zu einer Erschöpfung und Überlastung – im schweren Fall zum Burnout.
Eine wichtige Maßnahme zur Stressbewältigung ist ein Ausgleich zur Arbeit zu schaffen, um die sogenannte Work-Life-Balance wiederherzustellen. Entspannungsmethoden sowie die Pflege von Freundschaften, Hobbys und Freizeitaktivitäten eigen sich gut dafür.
Das Schöne ist, dass jede:r sich selbst entscheiden kann, was ihr oder ihm in der Frizeit guttut. Frauen entscheiden sich zum Stressabbau eventuell lieber für einen Wellness-Tag. Männer hingegen gehen vielleicht eher zum Fußball, um abzuschalten und Spaß zu haben. Es wird viel diskutiert, inwieweit Männer und Frauen unterschiedlich auf Stress reagieren. Männer mögen ihren Stress eher nach außen rauslassen, während Frauen versuchen, ihn in sich aufzulösen oder durch Ablenkung oder Gespräche mit der besten Freundin loszuwerden. Doch am Ende entscheidet nicht das Geschlecht über den richtigen Weg, sondern die individuelle Persönlichkeit.
Eine gute Work-Life-Balance verlangt auch nicht, dass Du in Deiner Freizeit ständig auf Achse sein musst. Wenn Du glaubst, immer aktiv sein zu müssen, um einen Ausgleich zu finden, kann es passieren, dass die Freizeitgestaltung auch in Stress ausartet. Das Nichtstun ist eine Kunst, die es zu kultieren lohnt. Wie das geht, erfährst Du hier: Muße haben.
Schlafqualität und Schlafhygiene fördern
Lange andauernder Stress kann früher oder später zu Schlafstörungen (Insomnien) führen. Ängste, Sorgen, psychische Belastungen und andere stressige Situationen hindern uns am Einschlafen oder Durchschlafen. Bestehen die Ein- und Durchschlafstörungen über längere Zeit, leiden wir unter Schlafmangel und chronischer Müdigkeit. Diese Faktoren erzeugen und verstärken wiederum Stressreaktionen im Körper. Und sie sorgen dafür, dass wir weniger leistungsfähig sind und uns bereits vor der Arbeit abgeschlagen fühlen.
Ausreichend Schlaf ist daher für unseren Körper lebensnotwendig. Wie viel Schlaf ein Mensch benötigt, ist individuell verschieden und altersabhängig. Eine wichtige Maßnahme zur Stressbewältigung wäre daher, für eine gute Schlafqualität und Schlafhygiene zu sorgen. Tipps für einen erholsamen Schlaf sowie Informationen zum Thema Schlafstörungen erhältst Du in unserer Lebenswelt Schlaf. Dort findest Du wertvolle Informationen, die Dir helfen, besser schlafen zu können.
Anti-Stress-Tipps im Überblick
- Negativen Stress (Distress) in positiven Stress (Eustress) umwandeln – mehr Gelassenheit und Akzeptanz in einer stressigen Situation zulassen, indem Du Deine Sichtweise, Bewertung und Dein Verhalten gegenüber den Stressoren änderst und Deine hohen, perfektionistischen Ansprüche überdenkst.
- Träume Dich an einen Ort der Ruhe und Entspannung. Für wenige Minuten gedanklich ans Meer oder in die Berge reisen und die Seele baumeln lassen. Fantasiereisen schenken Dir positive Gedanken und Gefühle, die Dich dabei unterstützen, Stress abzubauen.
- Emotionen rauslassen: Kurz Schimpfen und Fluchen oder mit dem Fuß auf den Boden stampfen, sind Maßnahmen, um Druck und Stress akut und kontrolliert abzulassen.
- Stressfaktoren wie Lärm ausschalten und für eine ruhige Umgebung sorgen.
- Multitasking vermeiden und Prioritäten setzen, um Aufgaben im Alltag und bei der Arbeit nach und nach erledigen zu können.
- Konflikte mit Kolleg:innen und Kritiker:innen aktiv ansprechen. Dadurch kannst Du Stress am Arbeitsplatz besser bewältigen.
- Digital Detox pflegen und sich eine Auszeit vom Handy, Social Media, Emails und Computer nehmen. So vermeidest Du eine stressige Reizüberflutung.
- Regelmäßige kurze Pausen am Tag einlegen, z. B. mit einem Powernap oder einer Tasse Tee trinken.
- Tief und bewusst durchatmen, zur Ruhe kommen und Stress abbauen. Bei der 4-7-8 Methode atmest Du durch die Nase ein uns zählst bis vier, dann hältst Du die Atmung an und zählst bis sieben und beim Ausatmen von eins bis acht. Stressabbau durch Atmung ist einfach und effektiv. Probiere es aus. Weitere Atemübungen findest Du hier: Richtig atmen.
Für weitere hilfreiche Tipps empfehlen wir Dir auch unserem Beitrag: Antriebslosigkeit überwinden.