Tag für Tag sind wir Millionen von Viren, Bakterien und Fremdpartikeln wie Staub oder Pollen ausgesetzt. Fast alle bekämpft unser Körper, ohne dass wir es bemerken. Dass wir uns trotz dieser „feindlichen Attacken“ meist gesund fühlen, verdanken wir einem hochsensiblen Schutzmechanismus: dem Immunsystem. Wie der Begriff „System“ bereits verrät, handelt es sich dabei nicht um ein einzelnes Abwehrorgan, sondern ein perfektes Zusammenspiel verschiedener Gewebe und Organe, darunter Knochenmark und Thymus, sowie Milz, Mandeln, Lymphknoten und Darm. Außerdem erfolgt die Immunantwort über verschiedene Arten von Abwehrzellen wie Fresszellen und Natürliche Killerzellen, die spezielle Aufgaben des Immunsystem übernehmen.
Funktionell wird das Immunsystem in zwei eng miteinander verbundene Komponenten oder Systeme gegliedert: das unspezifische Immunsystem und das spezifische Immunsystem. Hier erfährst Du, was das bedeutet, wie sich die beiden Abwehrsysteme unterscheiden und wie die angeborene und die erworbene Abwehr funktionieren.

Angeborene und erworbene Immunität
Grundsätzlich gibt es im Immunsystem zwei grundlegene Mechanismen, die jedoch nicht getrennt von einander zu betrachten sind, sondern bei der Abwehr von Krankheitserregern perfekt zusammenspielen. Der eine Mechanismus ist bereits bei Geburt vorhanden. Dieser wird als angeborenes Immunsystem bzw. angeborene Immunität bezeichnet. Der andere entwickelt sich erst im Laufe des Lebens und wird daher erworbenes Immunsystem oder erworbene Immunität genannt.
Der wesentliche Unterschied dieser beiden Anteile des Immunsystems liegt in ihrer Funktionsweise. Das angeborene Immunsystem arbeitet unspezifisch, d. h. die Abwehrreaktionen richten sich nicht gegen einzelne Erreger. Daher spricht man bei der angeborenen oder natürlichen Immunität auch vom unspezifischen Immunsystem.
Der andere Teil beruht auf spezifischen Abwehrreaktionen oder Immunantworten, die jeweils auf ein bestimmtes Antigen ausgerichtet sind. Kommen die Abwehrkräfte mit körperfremden Krankheitserregern in Kontakt, lernen sie, sich an diese anzupassen. Aufgrund dieser Anpassung nennt man die Immunreaktionen der erworbenen Immunität auch adaptive Immunantwort.
Das unspezifische Immunsystem – die angeborene Immunantwort
Die angeborene Immunantwort ist dem Menschen in die Wiege gelegt, damit er als Baby überhaupt überlebensfähig ist. Der Anteil des Immunsystems, der bereits bei Geburt vorhanden ist, ist noch nicht in der Lage, einen bestimmten Erreger wie etwa ein Grippe-Virus konkret als solchen zu erkennen und gezielt zu bekämpfen. Das heißt, alle Krankheitserreger werden mehr oder weniger auf die gleiche Art und Weise verteidigt. Auch sind dem angeborenen Immunsystem nur eine begrenzte Anzahl an Antigenen, d. h. Strukturen oder Substanzen, die es als "körperfremd" erkennen kann, bekannt. Dafür sind die Abwehrkräfte der unspezifischen Immunabwehr sofort zum Kampf bereit.
Das unspezifische Immunsystem als erste Verteidigungslinie setzt sich zusammen aus physikalischen und chemischen Barrieren, die den Organismus vor Fremdkörpern schützen, und aus bestimmten Abwehrzellen, die eingedrungene Pathogene, d. h. Krankheitserreger, abtöten.
Bevor Erreger und Fremdstoffe in unseren Körper eindringen können, müssen sie zunächst den äußeren Schutzwall, unsere Haut, überwinden. Diese bildet dank ihrer dicht gepackten Zellen und Härchen sowie der Ausscheidung von Flüssigkeiten eine wirkungsvolle Barriere, die die gröbsten Angriffe von außen abhält. Ist die Haut intakt, ist es Keinem so gut wie unmöglich, diese zu durchdringen. Die meisten Krankheitserreger nutzen daher Mund und Nase als Eintrittspforten.
Die Schleimhäute bilden ebenfalls eine Schutzbarriere – etwa in der Nase oder in den Bronchien, aber auch im Darm. Wie ihr Name verrät, sind die Schleimhäute von einer feinen schützenden Schleimschicht überzogen. Medizinisch wird der Schleim als Mukus bezeichnet. Der Mukus hat verschiedene Aufgaben, darunter auch für die Abwehr. Als physische Barriere ist der zähflüssige Schleim für Angreifer schwer zu durchdringen. Zudem hat er eine bindende Funktion. Der Körper nutzt den Schleim zur Einhüllung und Abkapselung von Fremdkörpern.
Gelingt es einem Krankheitserreger dennoch die erste Abwehrlinie zu überwinden, werden durch Alarmsignale Prozesse der unspezifischen Abwehr in Gang gesetzt. Binnen weniger Minuten beginnen sogenannte „Fresszellen“ (Phagozyten), natürliche Killerzellen und verschiedene Botenstoffe, die Eindringlinge zu markieren und unschädlich zu machen.
Auf diese Weise werden schnell und effektiv Krankheitserreger und andere Fremdstoffe angegriffen. Auch abgestorbene körpereigene Zellen werden mit Hilfe der Fresszellen (z.B. Makrophagen, Monozyten) beseitigt. So kann beispielsweise die Entstehung von Infektionsherden rasch eingedämmt werden. Stößt die angeborene Abwehr an ihre Grenzen, leiten sogenannte antigenpräsentierende Zellen wie Makrophagen und dendritische Zellen die spezifische Abwehr ein, indem sie den Immunzellen der spezifischen Abwehr Teile der Erreger (Antigene) auf der Oberfläche präsentieren.

Das spezifisches Immunsystem – die erworbene Immunantwort
Im Unterschied zum unspezifischen Immunsystem, das im Ansatz bereits bei der Geburt vorliegt, wird die spezifische Immunantwort erst im Laufe des Lebens erworben. Daher ist das Immunsystem von Kindern in jungen Jahren noch besonders infektanfällig.
Die entscheidende Funktion des spezifischen Immunsystems besteht darin, verschiedene Arten von Keimen gezielt abwehren zu können. Im Zentrum der erworbenen Abwehr stehen spezialisierte weiße Blutkörperchen, die T- und B-Lymphozyten. Diese bilden während ihrer Entwicklung Rezeptoren auf der Zelloberfläche aus, die ein ganz bestimmtes Antigen erkennen und binden können.
Wird den Lymphozyten später das entsprechende Antigen präsentiert, werden sie aktiv und setzen verschiedene Mechanismen der spezifischen Abwehr in Gang. T-Lymphozyten (T-Zellen) gelten dabei als „Organisatoren“ der Immunreaktion, da sie über Botenstoffe B-Lymphozyten, Fresszellen und andere Immunzellen anregen. Darüber hinaus können T-Zellen Erreger auch direkt abtöten. Je nach Funktion unterscheidet man daher zwischen T-Helfer-, T-Killer oder regulatorischen T-Zellen.
Aktivierte B-Lymphozyten (B-Zellen) reifen nach Kontakt mit einem Antigen und durch Wechselwirkung mit T-Lymphozyten weiter zu Plasmazellen heran. Diese produzieren Antigen-spezifische Antikörper, die sich nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an die Oberfläche des Eindringlings anheften und ihn so wie kleine Fahnen für die Zerstörung durch Fress- und Killerzellen markieren. Ein Teil der T- und B-Lymphozyten wird nach einer überstandenen Infektion zu sogenannten Gedächtniszellen. Diese speichern Informationen über feindliche Strukturen, so dass der Körper bei wiederkehrenden Bedrohungen schnell reagieren kann. Aufgrund dieser Funktion spricht man beim spezifischen Immunsystem auch vom immunologischen Gedächtnis des Immunsystems.
Dank des Erinnerungsvermögens des spezifischen Abwehrsystems bleiben wir vor vielen Erregern oft jahrelang geschützt oder müssen sie nur einmal erleiden. Wir sind dann gegen bestimmte Eindringlinge immun geworden, ein Lernprozess, den sich auch das Impfen zunutze macht. Insgesamt sind rund eine Milliarde Lymphozyten ständig im Körper unterwegs, um „fremde Strukturen“ aufzuspüren. Auch Viren und Bakterien, die sich im Laufe der Zeit etwas verändern, kann unser Körper häufig erkennen, da sich die spezifische Abwehr immer wieder anpasst und dazulernt. Damit sie dabei nicht so schnell an seine Grenzen stößt, sollten wir uns regelmäßig um eine Stärkung des Immunsystems kümmern.

Autoimmunität: Immunantwort auf körpereigene Antigene
Genau wie schädliche Krankheitserreger besitzen auch unsere eigenen Körperzellen charakteristische Oberflächenstrukturen (Antigene). Daher ist es für ein funktionierendes Abwehrsystem wichtig, dass die Immunzellen unterscheiden können, wer Freund oder Feind ist. Bereits während der Reifung im Knochenmark bzw. Thymus erlernen die B- und T-Zellen diese Fähigkeit und werden ständig „getestet“, bevor sie in die Lymphe und das Blut entlassen werden. Zudem kontrollieren regulatorische T-Zellen ihre zytotoxischen Artgenossen, damit sie kein körpereigenes Gewebe angreifen.
Manchmal kommt es jedoch trotzdem vor, dass die Immunzellen körpereigene Markierungen nicht als solche erkennen und die Zellen zerstören. Bei einer derartigen Immunantwort des adaptiven Immunsystems auf körpereigene Antigene spricht man auch von Autoimmunität. Die Folge eines solchen sogenannten Zusammenbruchs der immunologischen Toleranz gegen ein bestimmtes Antigen bzw. einer Störung von Regulationsmechanismen des Immunsystems sind Autoimmunerkrankungen wie Diabetes Typ 1 oder Hashimoto-Thyreoiditis (chronische Entzündung der Schilddrüse). Auch bei Allergien, Heuschnupfen, Asthma und Ekzemen reagiert das Immunsystem zu heftig und startet Angriffe in eigentlich harmlosen Situationen. Die genauen Ursachen sind noch nicht abschließend geklärt.