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Vorsorgeuntersuchung Mann: Urologe, Patient im Gespräch

Nicht nur bei Kinderwunsch: Vorsorgeuntersuchungen für Männer

Experteninterview mit Dr. Johan Denil, Urologe in Köln

Heute geht es um Themen, die vielen Männern eher unangenehm sind. Dr. Denil, Urologe aus Köln, sieht es mit Sorge, dass Männer den Besuch beim Urologen oft vernachlässigen. Vielleicht können wir dem ein oder anderen helfen, falsche Hemmungen abzubauen, indem wir hier u.a. über das Thema „Vorsorgeuntersuchungen“ informieren.

Frauen gehen regelmäßig zum Frauenarzt. Ab welchem Alter sollten Männer den Urologen zu Routine-Untersuchungen aufsuchen?

Zuerst muss hier zwischen der „Krebsvorsorge“, die man besser Früherkennung nennt, und der „Primärprävention“ unterschieden werden. Bei der Früherkennung geht es um das frühe Entdecken bösartiger Tumore. Bei der Primärprävention handelt es sich um eine routinemäßige Untersuchung, die es ermöglicht, gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen – so können durch Beratung und/oder Behandlung Krankheiten vermieden werden.

Erstere, die Früherkennung von Krebserkrankungen, steht in Deutschland gesetzlich versicherten Männern ab dem 45. Lebensjahr jährlich einmal freiwillig zu. Dass die Männer dies unzureichend in Anspruch nehmen, ist hinreichend bekannt. Das ist in meinen Augen leider eine der vielfachen Ursachen, warum die Lebensdauer der Männer im Durchschnitt 7 bis 8 Jahre geringer ist, als die der Frauen!

Das heißt, dass Männer ab einem Alter von 45 Jahren 1x jährlich zum Urologen gehen sollten?

Ja, aber für bestimmte Risikogruppen ist es ratsam, diese Krebsfrüherkennung früher zu starten, auch wenn die Männer (oder die Eltern) dafür eine finanzielle Eigenbeteiligung leisten müssen.

  • Jungen mit einem sogenannten „Maldeszenzus testis“ oder „Hodenhochstand“: Die Wahrscheinlichkeit einen Hodenkrebs zu bekommen, ist über ein ganzes Männerleben insgesamt gering. Es ist bei jungen Männern aber das häufigste Tumorleiden und bei frühzeitiger Erkennung sind die kompletten Heilungschancen nahezu 100%. Umso mehr lohnt es sich, diese jungen Menschen bei Beginn der Pubertät urologisch untersuchen zu lassen, selbst wenn der Hodenhochstand in der Kindheit medikamentös oder operativ beseitigt wurde.
  • Da der Maldeszenzus auch einer der häufigen Ursachen einer späteren Unfruchtbarkeit ist, wird ebenfalls empfohlen, dass diese jungen Männer sehr früh im Erwachsenenalter ihre Furchtbarkeit checken lassen.
  • Männer, dessen Vater oder Bruder einen Prostatakrebs hat oder hatte: Ihr Risiko für ein Prostatakarzinom ist im Laufe des weiteren Lebens doppelt so hoch. Ihnen wird empfohlen, die erste Früherkennungsuntersuchung möglichst schon mit 40 Jahren zu machen. Und sie sollten unbedingt den Jahresrhythmus einhalten.
  • Raucher oder Personen, die in der chemischen Industrie arbeiten, haben ein größeres Risiko, an einem Blasentumor zu erkranken. Da auch diese, wie viele Krebskrankheiten, erst spät Symptome verursachen, ist eine individuell adaptierte Früherkennung auch hier sehr zu empfehlen.
  • Bestimmte Nierentumore sind genetisch bedingt. In diesem Falle empfiehlt sich frühzeitig eine Ultraschalluntersuchung.
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Zu welchem Zeitpunkt in der Kinderwunschphase sollte der Mann zum Urologen gehen?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert eine männliche Unfruchtbarkeit (Infertilität) wie folgt: „Wenn in 1-jähriger Partnerschaft trotz regelmäßigen ungeschützten Geschlechtsverkehrs und ohne offensichtliche organische Störungen der Partnerin keine Schwangerschaft eintritt.“ Die gemeinsamen Informationsseiten für Patienten des Berufsverbands der Deutschen Urologen e. V. (BDU) mit der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) leiten daraus konsequenterweise die Empfehlung ab: „Sofern keine weiteren gesundheitlichen Störungen (z. B.: Hodentumorerkrankung, Chemotherapie in der Vorgeschichte) vorliegen, ist erst nach diesem Zeitraum bei Ausbleiben einer Schwangerschaft eine ärztliche Untersuchung beider Partner zu empfehlen.“

Damit bin ich nicht ohne Weiteres einverstanden! Das mag für junge Männer unter 30 Jahren gelten, ohne Risikofaktoren für ihre Fruchtbarkeit und die gerade mal 2-3 Monate versuchen, mit ihrer Partnerin ein Kind zu zeugen. Oder am Anfang schon wissen wollen, wie es um ihre Fruchtbarkeit bestellt ist. Da sollte man tatsächlich nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft der Versicherten jede gewünschte Untersuchung durchführen.

Die Realität sieht für viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch aber doch anders aus: Über Monate hinweg werden die Frauen untersucht, oft schon behandelt und Monat für Monat kommt es nicht zur Schwangerschaft und es steigt der Frust – nicht selten weit über ein halbes Jahr. Und dann erst kommt jemand auf die Idee, den Mann zur Abklärung zu schicken… wobei sich oft herausstellt, dass dieser kaum vitale Spermien im Ejakulat hat.

Darum empfehle ich einem Paar, das weit über 30 Jahre alt ist, bei dem die Frau keinerlei gynäkologische Störungen aufweist und das Eintreten einer Schwangerschaft über mehrere Zyklen erfolglos bleibt, schon vor Ablauf eines Jahres mindestens eine Basisabklärung des Mannes durchzuführen. Und warum auch nicht gleich parallel zur Abklärung der Frau? Spätestens wenn überlegt wird, bei ihr eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) zu machen, soll vorher mindestens eine gravierende Unfruchtbarkeit des männlichen Partners ausgeschlossen werden.

Kann man eine Einschätzung geben, wie oft Kinderlosigkeit ursächlich beim Mann zu suchen ist?

Dazu bestehen alte epidemiologische Studien, die zeigen, dass der Mann bei etwa der Hälfte der Fälle ursächlich beteiligt ist. Je nach Publikation sind es 20 bis 30%, wo die Ursache alleine oder vorwiegend bei ihm liegt. Es geht dabei nicht um „Schuldzuweisung“, aber es verwundert dann doch, dass all zu oft noch sehr lange Zeit nur die Frau untersucht und behandelt wird, bevor die Ursache beim Mann gesucht wird.

Was ist ein Androloge und ist jeder Urologe auch ein Androloge? Worauf sollte man bei der Arztwahl achten?

Die Andrologie ist der Zweig der Medizin, der sich mit spezifisch männlichen Krankheiten und mit dem männlichen Gesundheitszustand in allen Facetten befasst. Insoweit ist es das Pendant zur Gynäkologie. Der „Androloge“ — es gibt übrigens auch nicht wenige „Androloginnen“! — ist ein*e Arzt*In, spezialisiert in dieser Wissenschaft. Es ist in Deutschland eine von der Ärztekammer genehmigungspflichtige Zusatzbezeichnung, die nur Fachärzte*Innen für Urologie, Dermatologie (Hautkrankheiten) oder Endokrinologie (Hormone und hormonelle Störungen) beantragen können. Dafür müssen die Anwärter eine Zusatzausbildung von 18 Monaten bei einem*r ausbildungsberechtigten Androlog*In absolvieren und die erworbenen Kenntnisse in einem Kolloquium nachweisen.

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Endlich Mama werden. Mein größter Wunsch.
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