Der Mensch träumt seit jeher davon, den Alterungsprozess zu stoppen oder gar umzukehren und möglichst lange jung zu bleiben. Dabei ist Altern ein ganz natürlicher Vorgang, der eigentlich schon als Kind beginnt. Glücklicherweise haben wir es aber zum Teil selbst in der Hand, wie schnell die Veränderungen des Organismus ablaufen und ob wir bis ins hohe Alter fit bleiben. Auch wenn die ewige Jugend weiterhin ein Traum bleibt, ist inzwischen bekannt, dass das Altern nicht ausschließlich genetisch vorprogrammiert ist und eine gesunde Lebensweise als ganzheitliches Anti-Aging-Mittel eine wesentliche Rolle spielt.
Alterungsprozesse im Körper: Warum altern wir?
Der Mensch altert heute anders als noch vor 100 Jahren. Dank verbesserter Gesundheits- und Sozialsysteme hat sich nicht nur die Lebenserwartung deutlich erhöht. Auch die persönlichen Möglichkeiten älterer Menschen wurden positiv beeinflusst, sodass heute nur noch wenige 65-Jährige dem Stereotyp eines gebrechlichen Seniors entsprechen. Trotzdem stellen wir immer wieder fest, dass Menschen gleichen Alters ganz unterschiedlich aussehen. Das liegt daran, dass der Alterungsprozess von verschiedenen internen und externen Faktoren beeinflusst wird. Gene, Umwelteinflüsse, Lebensstil und soziale Faktoren sind demnach entscheidend dafür, wie schnell ein Mensch altert oder wie lange er ein Leben in Gesundheit genießt. Welche Mechanismen den Veränderungen im Körper zugrunde liegen, ist allerdings noch nicht vollständig aufgeklärt.
Manche Forscher gehen davon aus, dass äußere Einflüsse wie zum Beispiel UV-Strahlen und ungesunde Lebensgewohnheiten im Laufe des Lebens zu Verschleiß- und Vergiftungserscheinungen führen. Und dass ein gesunder Lebensstil im Umkehrschluss eine Art Anti-Aging-Effekt haben kann. Andere vermuten, dass das Altern im genetischen Programm jeder Zelle verankert ist und in vorbestimmter Weise abläuft. Darüber hinaus scheint es, dass die Funktions- und Regenerationsfähigkeit der Zellen mit den Jahren abnimmt und zu einer Ansammlung von Zellschädigungen führt. Auch Veränderungen im Bereich des Hormonhaushaltes von alternden Menschen werden als Einflussfaktoren diskutiert.
Die vielfältigen Theorien zeigen, dass der Alterungsprozess des Menschen einer der komplexesten biologischen Vorgänge sein muss, der sich in unserem Organismus abspielt. Dabei ist nicht jede Veränderung mit dem bloßen Auge erkennbar, sondern läuft während unseres gesamten Lebens unbemerkt in den Zellen ab – nicht nur bei älteren Menschen.
Was geschieht beim Alterungsprozess?
Altern ist ein natürlicher Prozess, der mit einem fortschreitenden Verlust der Körperfunktionen eingeht. Mechanismen auf Zell- und Moleküleben laufen nicht mehr schnell und präzise genug ab, sodass sich Zellschäden im Laufe der Jahre in unserem Organismus häufen. Forscher gehen heute davon aus, dass neun Kennzeichen maßgeblich zur Alterung der Zelle beitragen (sog. Hallmarks of Aging"; siehe Abbildung) und gemeinsam die sichtbaren Merkmale des Alterns sowie die Entstehung von altersbedingten Erkrankungen ausmachen
- Genomische Instabilität: Der Bauplan unserer Gene, die DNA, wird täglich bis zu einer Millionen Mal von äußeren und inneren Faktoren geschädigt. Dies geschieht beispielsweise durch UV-Strahlung oder Luftverschmutzung, aber auch durch freie Radikale, die während des Stoffwechsels im Körper gebildet werden. Ein Großteil der DNA-Schäden wird zwar sofort repariert, kleine Teilschäden bleiben jedoch zurück und häufen sich im Laufe des Lebens an. Dies wiederum kann die Funktion der Zelle beeinträchtigen, die Entstehung von Krankheiten begünstigen und dazu beitragen, dass wir altern.
- Verlust der Proteostase: Proteine spielen für die Lebensfähigkeit der Zelle eine wichtige Rolle. Um ihre Funktionen in der Zelle erfüllen zu können, werden die Proteine in einer bestimmten Struktur gefaltet. Mit zunehmendem Alter läuft diese Faltung häufiger fehlerhaft ab, sodass die Proteine nicht mehr richtig arbeiten. Gleichzeitig werden falsch gefaltete Proteine weniger effektiv abgebaut und verklumpen möglicherweise. Ein Prozess, der zum Beispiel bei der Alzheimer Krankheit beobachtet wird.
- Zelluläre Seneszenz: Die meisten Zellen können sich nicht unendlich teilen und sterben nach Abschluss der Zellteilung ab. Manche Zellen treten allerdings in den Zustand der sogenannten Seneszenz ein. Seneszente Zellen verharren und setzen schädliche Stoffe frei, die die umliegenden Zellen negativ beeinflussen.
- Funktionsstörungen der Mitochondrien: Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle, die für die Energieproduktion und die Regulation vieler Stoffwechselprozesse verantwortlich sind. Funktionieren sie nicht richtig, nimmt die Leistung der Zelle ab. Gleichzeitig werden vermehrt freie Radikale gebildet, die Zellbestandteile und Gene schädigen.
- Veränderte Zellkommunikation: Die Kommunikation zwischen den Zellen ist für den Erhalt der Gesundheit essenziell. Mit dem Alter schwindet jedoch die Fähigkeit Signale zu senden und zu empfangen und Botschaften werden fehlinterpretiert.
- Fehlerhafte Nährstofferkennung: Zellen passen über bestimmte Sensoren ihren Stoffwechsel an das Angebot von Nährstoffen an. Werden aber ständig zu viele Nährstoffe oder Energie angeboten, werden die Sensoren unempfindlicher und reagieren nicht mehr richtig auf die Signale, die den Zellstoffwechsel regulieren.
- Erschöpfung der Stammzellen: Erneuerung und Reparatur der Zelle sind wichtige Mechanismen, um gesund zu bleiben. Dafür benötigt unser Körper Stammzellen. Mit dem Alter können sich Zellen weniger gut teilen.
- Epigenetische Veränderungen: Die Epigenetik beschreibt das Zusammenspiel von Genen und Umwelt und damit beispielsweise das An- und Abschalten von Genen als Reaktion auf die Ernährung, Stress, Medikamente o.ä. Auch das Alter scheint mit solchen Veränderungen einherzugehen. Ob dies ursächlich für den Alterungsprozess sind, ist bisher jedoch unklar.
- Telomerverkürzung: Jedes Mal, wenn sich eine Zelle teilt, geht ein kleines Stück der Chromosomenenden (sog. Telomere) verloren. Entsprechend verkürzen sich die Telomere mit dem Alter immer weiter, bis sich die Zelle schließlich nicht mehr teilen kann und funktionsunfähig wird. Sie stirbt dann ab oder ruft Entzündungen hervor.
Wie wirkt sich der Alterungsprozess aus?
Auch wenn die Alterungsprozesse in der Zelle für uns unsichtbar ablaufen, so machen sie sich doch früher oder später auch körperlich bemerkbar.
Haut
Die Haut ist meist das erste Organ, an dem wir altersbedingte Veränderungen wahrnehmen. Bereits ab Mitte zwanzig sinkt die Produktion von Kollagen und Elastin, sodass die Haut allmählich an Elastizität und Festigkeit einbüßt – mit dem Effekt, dass wir Falten bekommen. Mit der Zeit wird die Haut zudem dünner und trockener und Pigmentstörungen (Altersflecken) entstehen.
Muskeln, Knochen, Sehnen
Neben der Haut verändert sich auch unser Muskel-Skelett-System mit zunehmendem Alter. Die Anzahl der Muskelfasern nimmt ab, und es wird vermehrt Fett- und Bindegewebe im Muskel eingelagert. Das kann sich auf den Energiestoffwechsel auswirken und wir büßen an Muskelkraft ein. Gleichzeitig verlieren Bänder und Sehnen an Elastizität und die Substanz unser Knorpel und Knochen nimmt ab.
Herz-Kreislauf-System
Wenn der Körper altert, ist auch das Herz nicht mehr so leistungsfähig. Es kann bei Belastung den Herzschlag nicht mehr so schnell beschleunigen oder so viel Blut pumpen wie in jungen Jahren. Gleichzeitig lässt die Flexibilität der Gefäße nach, weshalb es bei alternden Menschen oftmals zu Krankheiten wie Bluthochdruck kommt.
Sehkraft, Gehör, Geruch, Geschmack
Ältere Menschen sind häufig von „Alterssichtigkeit“ betroffen, da sich das Auge v.a. im Nahbereich nicht mehr richtig scharfstellen kann. Daneben fällt die Wahrnehmung hoher Töne fällt zunehmend schwer und Geschmacks- sowie Geruchssinn werden schwächer.
Gehirn
Zu den altersbedingten Veränderungen gehört es auch, dass die Anzahl der Nervenzellen im Gehirn abnimmt. Einen Teil des Verlustes kann das Gehirn zwar kompensieren kann, dennoch lässt die geistige Leistungsfähigkeit bei älteren Menschen nach. Die Kapazität des Gedächtnisses reduziert sich, Aufmerksamkeit und Konzentration sinken infolge des natürlichen Alterungsprozesses.
Immunsystem
Letztlich ist der gesamte Organismus von Alterungsprozessen betroffen. Auch das Immunsystem bildet da keine Ausnahme. Entsprechend wird der Mensch im Laufe des Lebens anfälliger für Infekte und chronische Entzündungen treten auf, sogenanntes Entzündungsaltern oder Inflammaging. Das wiederum wird mit zahlreichen altersbedingten Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht.
Unser Alter lässt sich nicht nur durch eine Zahl definieren (chronologisches Alter), sondern auch über unsere körperliche und psychologische Verfassung. Das biologische Alter bezieht sich zum Beispiel auf die natürlichen Veränderungen des Organismus. Da sich diese bei jedem von uns in unterschiedlicher Geschwindigkeit vollziehen, sind manche Menschen bereits mit 60 so alt wie andere erst mit 75 Jahren. Das psychologische Alter beschreibt dagegen das eigene Erleben des Alters und hängt davon ab, wie wir uns fühlen und handeln. Ältere Menschen voller Tatendrang ist demnach psychologisch jünger, als solche mit weniger Lebensfreude.
Praktische Tipps, um den Alterungsprozess zu beeinflussen
Auch wenn wir den Alterungsprozess nicht aufhalten können, müssen wir uns dem „Schicksal“ nicht hingeben. Im Gegenteil: durch gesunde Lebensgewohnheiten können wir den Körper und seine Zellen aktiv dabei unterstützen, ihre Widerstands- und Regenerationsfähigkeiten möglichst lange zu behalten. Mit folgenden Tipps kannst Du gesundes Altern unterstützen und Dich lange fit halten:
Mediterrane Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung mit gesunden Lebensmitteln ist der wahrscheinlich größte Hebel für alle, die ein langes Leben anstreben. Besonders vielversprechend ist eine mediterrane Ernährung. Sie steht für eine hohe Lebenserwartung und gesundes Altern. Das liegt vor allem daran, dass sie reichlich Obst, Gemüse und Getreideprodukte mit hochwertigen Fettsäuren, aus Olivenöl, Fisch und Nüssen kombiniert und damit den Zellen die Nährstoffe liefert, die sie zur einwandfreien Funktion benötigen. Gleichzeitig hat die mediterrane Ernährung antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. Mitverantwortlich für diesen positiven Effekt sind neben den Zellschutz Faktoren Vitamin E, Vitamin C, Selen und Zink, zum Beispiel Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D und Polyphenole, die als Regulator von Entzündungsvorgängen und anderer Prozesse (u.a. Gen Expression) bekannt sind.
Anti Aging Faktor Bewegung
Neben einer gesunden Ernährung wirkt auch regelmäßige körperliche Aktivität dem Alterungsprozess menschlichen Körpers entgegen. Forscher vermuten sogar, dass moderater Sport einen positiven Effekt auf sämtliche „Hallmarks of Aging“ mit sich bringt. Wer sich regelmäßig bewegt, fördert zudem häufig soziale Kontakte. Ein weiterer Faktor, der hilft, sich länger jung zu fühlen.
Guter Schlaf für ein langes Leben
Gesunder Schlaf ist für die Regeneration der Zellen und damit auch für ein gesundes Leben essenziell. Daher sollten wir unserem Körper die Ruhe gönnen, die er benötigt, um fit zu bleiben. Experten empfehlen, Erwachsenen 7-9 Stunden zu schlafen, und vor dem Zubettgehen auf alles zu verzichten, was die Schlafqualität stören kann. Also Smartphone aus und stattdessen ein gutes Buch genießen.
Stress vermeiden – jung bleiben
Dass Dauerstress Gift für die Gesundheit ist, wissen wir. Unbekannt mag aber vielleicht sein, dass Stress uns auch schneller altern lässt. Wie genau das Zusammenspiel zwischen Stress und Zellalterung funktioniert, ist bisher noch unzureichend erforscht. Vermutlich spielen verschiedene Prozesse wie epigenetische Veränderungen und Telomerlänge eine Rolle. Klar ist allerdings, dass sich jeder, der für ausreichend Entspannung und regelmäßige Auszeiten sorgt, sich etwas Gutes tut. Weitere Informationen dazu findest Du in unserem Ratgeber: Stress-Abbau.
Jungbrunnen gesunder Darm
Als Zentrum der Gesundheit ist der Darm nicht nur für die Verdauung und Nährstoffaufnahme unabdingbar, sondern ein entscheidender Faktor unseres Immunsystems. Mit dem Alter verändert sich die Zusammensetzung unseres Darmmikrobioms und unerwünschte Bakterien breiten sich aus. Forscher vermuten, dass die sog. Dysbiose mit chronischen Entzündungen und altersbedingten Krankheiten in Verbindung steht. Mit dem Verzehr ballaststoffreicher Lebensmittel wie beispielsweise Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte können wir die nützlichen Bakterien unterstützen und damit für mehr Gleichgewicht im Darm sorgen.
Fazit: Auf der einen Seite haben alle biologischen Systeme, von der Zelle bis zum Organismus, eine maximale Lebensspanne. Auch den damit verbundenen natürlichen Alterungsprozess können wir nicht aufhalten. Auf der anderen Seite können wir uns – im besten Fall schon als junge Menschen – allerdings durchaus kümmern, möglichst lange körperlich und psychisch vital zu bleiben und Alterserkrankungen vorzubeugen.
Eine abwechslungsreiche Ernährung in Kombination mit Bewegung und Entspannung kann sich auf ganz vielfältige Weise positiv auf Dein wahres Alter und Deine Lebenserwartung auswirken. Wenn Du dann noch auf Alkohol und Nikotin verzichtest, kannst Du die biologische Uhr bestimmt bald leiser ticken hören.