Aufenthalte in der Natur wie Waldspaziergänge haben positive Auswirkungen auf die Stimmung, aber auch ganz messbare Effekte auf den Körper, etwa auf den Blutdruck. Forschende des Max-Planck-Institutes in Berlin wollten wissen, ob sich das auch in den Hirnstrukturen nachweisen lässt – und fanden einen erstaunlichen Effekt.
Mehr graue Zellen
Wer viel Zeit im Freien verbringt, zeigte in Hirnscans mehr “graue Zellen”, genauer ausgedrückt: Das Volumen an grauer Hirnsubstanz (im rechten dorsolateral-präfrontalen Cortex), die mit der psychischen Gesundheit im Zusammenhang steht, nahm mit der Aufenthaltsdauer im Freien zu. Überraschend fanden die Forscher:innen, dass diese Korrelation auch dann sichtbar blieb, wenn man andere mögliche Einflussfaktoren herausrechnete. Solche Faktoren wie etwa Sonnenscheindauer, körperliche Aktivität oder ob die Testpersonen Freizeit hatten wurden in der über ein halbes Jahr dauernden Studie an sechs Erwachsenen regelmäßig erfasst. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich unsere Gehirnstruktur und unsere Stimmung verbessern, wenn wir Zeit im Freien verbringen. Es ist anzunehmen, dass sich dies auch auf die Konzentration, das Arbeitsgedächtnis und die Psyche insgesamt auswirkt”, sagt Simone Kühn, Leiterin der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
Auszeit im Umfeld
In weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler:innen klären, ob die Effekte unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob man die “Draußenzeit” im städtischen Umfeld oder in der Natur verbringt. Der Kassler Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar, der schon Bücher zum Thema verfasst hat, ist überzeugt, dass Spaziergänge auch im urbanen Umfeld die geistige und körperliche Gesundheit fördern. Die sinnliche Anregung und die Pause von den Alltagsanforderungen wirke wie eine Anti-Stress-Therapie: “Es löst sich zwar kein Problem von allein während des Spaziergangs, aber die Schwere verflüchtigt sich ein wenig.” Die Spaziergangsforschung ist allerdings kein naturwissenschaftlicher Forschungszweig, sondern eher eine soziologische Methode, die aus der Stadt- und Landschaftsplanung heraus entstanden ist. Weisshaar fasst die Vorteile zusammen: “Zunächst einmal ist Spaziergehen sehr einfach – man braucht keine Ausrüstung, kein Fahrzeug oder sonstiges. Dadurch ist das Spazierengehen sehr demokratisch. Man ist zudem mit allen Sinnen in der Welt und man ist mit seiner eigenen Geschwindigkeit unterwegs. Und mit Gehen ist man am dichtesten an der Welt.”