Befinden sich keine gesunden, befruchtungsfähigen Spermien im Ejakulat des Mannes, sind die Möglichkeiten der Natürlichen Familienplanung als Verhütungsmethode eingeschränkt. Dank operativer Eingriffe wie der sogenannten TESE und MESA gibt es jedoch Hoffnung für Männer mit deutlich eingeschränkter Fruchtbarkeit.
Beide Verfahren ermöglichen die Entnahme von Samenzellen – aus den Hoden bzw. den Nebenhoden. Eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg wird dadurch zwar nicht möglich, eine künstliche Befruchtung hingegen schon. Der sehnliche Kinderwunsch kann für Paare somit möglicherweise doch in Erfüllung gehen.
Du möchtest wissen, wofür TESE und MESA stehen? Bei welchen Indikationen die Verfahren zum Einsatz kommen und wie diese chirurgischen Eingriffe ablaufen? Hier bekommst Du alle wichtigen Informationen zur operativen Samengewinnung, wie es im Anschluss daran weitergeht, wie hoch die Erfolgsaussichten sind und welche Kosten dann bei einer Kinderwunschbehandlung entstehen.
TESE und MESA: was ist das?
TESE steht für Testikuläre Spermienextraktion und MESA ist die Abkürzung für Mikrochirurgische Epididymale Spermienaspiration. Es handelt sich bei beiden Methoden um medizinische Verfahren, mit denen Samenzellen aus den Hoden (TESE) oder Nebenhoden (MESA) entnommen werden können.
TESE und MESA werden in Erwägung gezogen, wenn im Ejakulat des Mannes keine oder sehr wenige befruchtungsfähige Spermien vorhanden sind, was in der Medizin als Azoospermie bezeichnet wird. Dies wird mithilfe eines sogenannten Spermiogramms ermittelt.
Bei einer Azoospermie wird zwischen einer nicht-obstruktiven und einer obstruktiven Azoospermie unterschieden. Bei der nicht-obstruktiven Form werden keine oder nur sehr wenige Samenzellen produziert, bei der obstruktiven Variante sind “nur” die Transportwege für die Spermien beim Mann blockiert.
Im Anschluss an die operative Spermiengewinnung per TESE oder MESA folgt immer eine künstliche Befruchtung in Form einer Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion, kurz ICSI.
Durch eine TESE können in etwa 45 Prozent der Fälle Samenzellen gewonnen werden. Manchmal kommt es aber auch vor, dass überhaupt keine Spermien in den Hoden gefunden werden. Dann gilt ein Mann definitiv als unfruchtbar und Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch bleibt nur die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung mit Spendersamen oder eine Adoption.

TESE und MESA: Indikation
Bevor eine TESE oder MESA zum Einsatz kommt, muss ein Arzt oder eine Ärztin, in der Regel ein Urolog:in, zunächst überprüfen, was die Ursache für die wenigen oder gänzlich fehlenden Spermien im Ejakulat sein könnte.
Als Ursachen können u. a. anatomische Gründe infrage kommen, die den Weg der Samenzellen behindern, Hormonstörungen oder Erkrankungen, die die Produktion von Spermien in den Hoden deutlich herabsetzen oder gänzlich zum Erliegen bringen. Manchmal besteht bei Männern auch durch Tumore eine Unfähigkeit zur Ejakulation. Ebenso ist dies durch eine Querschnittslähmung möglich oder aufgrund einer erektilen Dysfunktion.
Haben sich Männer in der Vergangenheit durch eine Vasektomie sterilisieren lassen und möchten doch noch einmal ein Kind zeugen, werden zunächst die durchtrennten Samenleiter untersucht. In manchen Fällen lässt sich die Vasektomie rückgängig machen (Refertilisierung), wodurch eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg wieder möglich und eine künstliche Befruchtung unnötig werden würde. Erst wenn die Möglichkeit einer Refertilisierung ausgeschlossen und eine künstliche Befruchtung bei der Frau möglich ist, sollte eine TESE oder MESA in Erwägung gezogen wegen.
- Indikationen TESE: Das Verfahren wird angewendet, wenn Reifestörungen der Spermien vorliegen, im Ejakulat nur abgestorbene, unbewegliche Spermien (Nekrozoospermie) oder gar keine Spermien (Azoospermie) enthalten sind und wenn keine Samenzellen aus den Nebenhoden entnommen werden können. Auch bei fehlenden oder verklebten und verschlossenen Samenleitern (obstruktive Azoospermie) kann die TESE angewendet werden.
- Indikationen MESA: Der Eingriff ist indiziert, wenn die Samenleiter fehlen, eine obstruktive Azoospermie vorliegt, eine Vasektomie nicht rückgängig gemacht werden kann und Männer unter Impotenz oder einer erektilen Dysfunktion leiden.
Mögliche Ursachen für fehlende Spermien im Ejakulat
- Verlegung, Verklebung oder Durchtrennung der Samenleiter
- Fehlende Samenleiter
- Irreversible Vasektomie
- Hormonstörungen der Schilddrüse, Erkrankungen der Hirnanhangdrüse
- Krebsbehandlungen (Chemotherapie, Bestrahlung)
- Gendefekte (Klinefelter-Syndrom)
- Umweltgifte
- Infektionen (z. B. Mumps in der Kindheit, Chlamydien)
- Hodenhochstand in der Kindheit
- Krampfadern der Hoden (Varikozele)
- Ejakulationsstörung durch Tumore, Querschnittslähmung, erektile Dysfunktion
TESE und MESA: Ablauf
Der Unterschied zwischen TESE und MESA besteht darin, dass bei der Testikulären Spermienextraktion die Samenzellen aus dem Hoden herausgenommen (extrahiert) und bei der mikrochirurgischen epididymalen Spermienaspiration die Spermien aus dem Nebenhoden ein- oder angesaugt (aspiriert) werden.
TESE: Spermiengewinnung aus den Hoden
Die testikuläre Spermienextraktion findet ambulant und unter Vollnarkose oder örtlicher Betäubung statt. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Hodenbiopsie. Eine Biopsie bezeichnet eine Entnahme von Zellen oder Gewebe. Anschließend wird im Labor überprüft, ob sich in den Gewebeproben noch reife Spermien oder deren Vorstufen befinden. Ist das der Fall, werden die Spermien aus dem entnommenen Gewebe extrahiert.
Die TESE eines Hodens dauert etwa 25 Minuten. Werden in einem Hoden bereits Spermien gefunden, kann auf die TESE des anderen Hodens verzichtet werden. Andernfalls würde die Dauer des Eingriffs ca. 45 Minuten betragen.
Mikro-TESE
Sind die Hoden des Mannes sehr klein oder werden nur in wenigen Bereichen des Hodens Spermien produziert, kommt eine schonendere minimalinvasive TESE zum Einsatz, die sogenannte Mikrochirurgische Testikuläre Spermienextraktion, kurz Mikro-TESE oder M-TESE. Die mikrochirurgische Technik findet unter einem Operationsmikroskop statt und ermöglicht eine genauere Inspektion und Untersuchung des Hodengewebes.
Per Mikro-TESE steigt die Chance, dass Spermien gefunden werden können. Zumindest stehen die Chancen aufgrund des Mikroskop-Einsatzes besser als bei einer gewöhnlichen Hodenbiopsie.
Frisch-TESE
Von einer sogenannten „Frisch-TESE“ spricht man, wenn „frische“ Spermien für eine ICSI gewonnen werden, die im unmittelbaren Anschluss nach der operativen Spermienentnahme stattfindet.
Die Frisch-TESE hat den Nachteil, dass die Frau zur Vorbereitung der ICSI bereits eine hormonelle Stimulation hinter sich gebracht haben muss, die mit Nebenwirkungen einhergehen kann. Werden nun bei der Frisch-TESE keine Spermien für die künstliche Befruchtung gefunden, waren die Strapazen der Hormonbehandlung vergebens. Aus diesem Grund wird das Verfahren nur sehr selten angewendet. Üblicherweise erfolgt die TESE im Vorfeld, wobei die Spermien bis zum Termin der ICSI eingefroren werden.
MESA: Spermiengewinnung aus den Nebenhoden
Bei der Mikrochirurgischen Epididymalen Spermienaspiration können Samenzellen auch aus den Nebenhoden gewonnen werden, denn dort werden in den Kanälchen gereifte Spermien gespeichert. Genau wie die TESE erfolgt auch die MESA unter Vollnarkose oder örtlicher Betäubung. werden in den Kanälchen gereifte Spermien gespeichert. Genau wie die TESE erfolgt auch die MESA unter Vollnarkose oder örtlicher Betäubung.
Der oder die Urolog:in punktiert unter einem Mikroskop die Nebenhoden und gewinnt die Nebenhodenflüssigkeit. Im Anschluss daran wird die Flüssigkeit analysiert und geschaut, ob reife und bewegliche Spermien für die ICSI enthalten sind. Ist das der Fall, werden die Spermien mit guter Qualität aussortiert und in einer Samenlösung eingefroren.
TESE und MESA: Wie geht es nach der Spermiengewinnung weiter?
Was geschieht im Anschluss an eine erfolgreichen Samenzellentnahme durch TESE oder MESA? Nach einer operativen Spermiengewinnung ist eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) erforderlich. Sie ermöglicht eine künstliche Befruchtung der Eizelle, auch wenn nur sehr wenige, auch unbewegliche Spermien vorhanden sind, da nur ein einziges Spermium pro Eizelle benötigt und dieses direkt in die Eizelle injiziert wird. Daher ist die ICSI die Therapie der Wahl nach einer TESE oder MESA.
Bis der richtige Zeitpunkt für die ICSI gekommen ist, werden die durch TESE oder MESA gewonnenen Spermien in der Regel in flüssigem Stickstoff bei – 196 ° Celsius tiefgefroren. Dieser Prozess des Einfrierens wird in der Reproduktionsmedizin als Kryokonservierung oder Vitrifikation (Schockgefrieren) bezeichnet.
Ein Vorteil der Kryokonservierung ist, dass Männer die operative Spermiengewinnung per TESE oder MESA in der Regel nur einmal über sich ergehen lassen müssen. Die tiefgefrorenen, befruchtungsfähigen Spermien können zu jeder Zeit für die ICSI aufgetaut werden. Auch wenn ein ICSI-Versuch fehlschlägt, kann beim nächsten Versuch erneut auf die tiefgefrorene Reserve zurückgegriffen werden.
Im Vergleich zu Männern müssen Frauen für eine künstliche Befruchtung mehr körperliche Strapazen auf sich nehmen. Bei der ICSI werden nach einer hormonellen Stimulation der Frau reife, befruchtungsfähige Eizellen aus den Eierstöcken im Rahmen einer Follikelpunktion entnommen.
Unter einem Mikroskop wird dann ein einzelnes Spermium mithilfe einer Injektionspipette in die Eizelle eingebracht. Nach erfolgreicher Befruchtung und Zellteilung werden in der Regel zwei Eizellen per Embryotransfer in die Gebärmutter zurückgegeben, wo dann hoffentlich die Einnistung stattfindet.

TESE und MESA: Erfolgsaussichten auf eine Schwangerschaft
Auch bei stark eingeschränkter Fruchtbarkeit des Mannes können oft noch Spermien in den Hoden oder Nebenhoden gefunden werden und somit Chancen auf eine Schwangerschaft eröffnen.
Ob eine erfolgreiche Schwangerschaft nach TESE oder MESA in Verbindung mit der künstlichen Befruchtung durch eine ICSI hervorgeht, hängt jedoch von vielen Faktoren ab. Das fortgeschrittene Lebensalter und die Lebensweise spielen dabei auch eine wichtige Rolle.
Die Schwangerschaftsrate bei der TESE liegt bei ca. 25 Prozent und bei der MESA bei 20 Prozent. Die Chance auf eine Schwangerschaft pro Embryotransfer liegt bei der ICSI bei etwa 25 Prozent.
TESE und MESA: Kosten und Kostenbeteiligung
Eine Kinderwunschbehandlung müssen Paare sich leisten können, denn es kommen einige Kosten auf sie zu. Die Diagnostik der männlichen Unfruchtbarkeit ist Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV).
Die Kosten für die TESE und MESA liegen meistens zwischen 800 und 1.500 Euro. Hier beteiligen sich manche gesetzlichen Krankenkassen an den Kosten der Behandlung. Daher ist es ratsam, sich in jedem Fall im Vorfeld bei seiner Krankenkasse zu erkundigen. Bei den Kosten für die TESE oder MESA bleibt es aber leider nicht, denn hinzukommen außerdem die Kosten für eine Kryokonservierung und ICSI.
Die Kosten für die Kryokonservierung und die Aufbewahrung der Spermien in einer Samenbank betragen etwa 500 Euro plus 300 Euro pro Jahr für die Lagerung. Die Kosten müssen nur dann selbst getragen werden, wenn das Verfahren nicht aus medizinischen Gründen ("Medical Freezing") durchgeführt wird. Liegen medizinische Voraussetzungen vor, z. B. um die Fruchtbarkeit nach einer keimschädigenden Krebstherapie, nach einer operativen Entfernung der Keimdrüsen oder bei der Einnahme von fruchtbarkeitsschädigenden Medikamenten zu erhalten, übernehmen die GKV seit 2020 die Kosten.
Für die ICSI müssen dann noch einmal etwa 5.500 Euro aufgebracht werden. Die GKV übernehmen 50 Prozent der Kosten für maximal drei Versuche der künstlichen Befruchtung. Weitere Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung durch die gesetzliche Krankenversicherung:
- Paar muss heterosexuell und verheiratet sein.
- Aussicht auf Erfolg der künstlichen Befruchtung muss gegeben sein.
- Altersgrenze für Frauen liegt zwischen 25 bis 40 Jahre.
- Altersgrenze für Männer liegt zwischen 25 bis 50 Jahre.
- Nach Sterilisation ohne Krankheitsgrund besteht kein Anspruch auf Kassenleistung.
- Röteln-Impfschutz, negativer HIV- und Hepatitis-Test muss vorliegen.
Private Krankenversicherungen (PKV) übernehmen üblicherweise die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung. Doch auch bei den PKV können die Leistungen variieren, weshalb Du Dich auch dort vor einem Behandlungsbeginn informieren solltest.