Manche Frauen entwickeln in der Schwangerschaft eine spezielle Stoffwechselstörung, den sogenannten Schwangerschaftsdiabetes. Diese Diabetesform tritt nur unter des veränderten Stoffwechsels der Mutter während der Schwangerschaft auf und reguliert sich nach der Geburt in der Regel wieder. Erfahre hier, an welchen Symptomen Du die Erkrankung erkennst, welche Risikofaktoren es gibt und wie sie behandelt wird.
Was ist ein Schwangerschaftsdiabetes?
Bei den vom Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) betroffenen Frauen funktioniert der Zuckerstoffwechsel nicht optimal. Dadurch sind die Blutzuckerwerte entweder dauerhaft erhöht oder sie bleiben nach den Mahlzeiten sehr lange auf hohem Niveau bestehen, sinken dann aber auch wieder ab. Auch der Nüchternblutzuckerwert (also morgens vor dem Frühstück) ist bei einem Gestationsdiabetes oft erhöht (> 92 mg / dl). In manchen Fällen können Schwangere mit einer angepassten Ernährung einen Schwangerschaftsdiabetes in den Griff bekommen. Manchmal benötigen Betroffene jedoch eine Insulintherapie.
Der sogenannte Typ-4-Diabetes tritt im Gegensatz zum Typ-2-Diabetes nur in der Schwangerschaft auf. Er entsteht meistens in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft und klingt in der Regel mit der Geburt wieder ab. Bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes besteht darüber hinaus ein erhöhte Risiko, nach Jahren einen Diabetes mellitus zu entwickeln.

Wie viele schwangere Frauen sind von einem Schwangerschaftsdiabetes betroffen?
Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht auf Basis einer Studie aus dem Jahr 2019 davon aus, dass 7,3 Prozent der Schwangeren von einem Gestationsdiabetes betroffen sind. Andere Quellen nennen einen Anteil von fünf Prozent. Hierbei ist aber das Alter der Schwangeren entscheidend. So lassen sich deutlich mehr Betroffene unter den Frauen über 45 Jahren ( 17,5 Prozent) finden als unter den unter 20-Jährigen ( 3,1 Prozent).
Schwangerschaftsdiabetes: Symptome
Im Gegensatz zu einem Typ-2-Diabetes gibt es beim Schwangerschaftsdiabetes nur in seltenen Fällen körperliche Anzeichen. In den meisten Fällen bemerkt die schwangere Frau gar nicht, dass sie einen Gestationsdiabetes entwickelt hat. Falls Symptome auftreten, können dies folgende sein:
- gesteigertes Durstgefühl
- häufiges Wasserlassen
- Müdigkeit
- Schwäche
Doch machen sich diese Anzeichen in der Regel auch nur sehr geringfügig bemerkbar.
Ursachen von Gestationsdiabetes
Bei jeder Schwangeren verändert sich der Stoffwechsel durch die Schwangerschaft. Dies macht sich beispielsweise so bemerkbar, dass die Zellen Zucker (Glukose) nach dem Essen langsamer aus dem Blut aufnehmen als gewöhnlich. Daher ist ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel in der Schwangerschaft auch nicht ungewöhnlich. Eine wirkliche Erkrankung liegt aber erst dann vor, wenn die Werte dauerhaft von den üblichen Werten abweichen.
Für den Transport in die Zellen braucht der Körper das Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 oder einem Gestationsdiabetes liegt eine „Insulinresistenz“ vor. Das bedeutet, die Zellen reagieren nicht mehr so sensibel auf das Insulin, wie es bei gesunden Menschen der Fall ist. Aufgrund der Resistenz der Rezeptoren gegenüber Insulin steigt in der Folge der Zucker im Blut über das normale Maß hinaus an. Auch beim Baby kommt über das mütterliche Blut zu viel Zucker an, wodurch es oft zu stark wächst.
Risikofaktoren für Schwangerschaftsdiabetes
Grundsätzlich kann jede schwangere Frau von einem Diabetes in der Schwangerschaft betroffen sein. Doch es gibt Faktoren, die ein erhöhtes Risiko für die Frau darstellen. Risikofaktoren für einen erhöhten Blutzuckerspiegel sind:
- eine Veranlagung zum Diabetes (Diabetes in der Familie)
- Übergewicht (Adipositas)
- Bewegungsmangel
- eine ungesunde Ernährung
- schnelle und starke Gewichtszunahme in der Schwangerschaft
- ein Gestationsdiabetes in einer vorangegangenen Schwangerschaft
- ein höheres Alter (über 35 Jahre)
- ein hohes Geburtsgewicht bei einem vorherigen Kind
- vorangegangene Fehlgeburt(en)
- PCOS (Polyzystisches Ovarsyndrom)
- manche Medikamente (Blutdrucksenker, Mittel bei Schilddrüsenerkrankungen, Kortison)
- Rauchen
Mögliche Folgen eines Gestationsdiabetes für die Mutter
Die gute Nachricht vorweg: In der Regel normalisiert sich der Blutzuckerspiegel nach der Geburt wieder. Während der Schwangerschaft kann ein Gestationsdiabetes jedoch mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Beschwerden einhergehen. Dazu gehören häufigere Infektionen, eine Präeklampsie, Bluthochdruck sowie die Gefahr für eine schwerere Geburt, Geburtsverletzungen und vorzeitige Wehen.
Auch können aufgrund eines Schwangerschaftsdiabetes Langzeitfolgen auftreten, die sich Jahre nach der Entbindung entwickeln können, z. B. ein Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei einer erneuten Schwangerschaft erhöht sich das Risiko für ein Schwangerschaftsdiabetes um 40 Prozent.

Erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes
Etwa 50 Prozent aller Mütter mit Schwangerschaftsdiabetes entwickeln acht bis zehn Jahre nach der Geburt einen Typ-2-Diabetes. Besonders gefährdet sind Frauen, die während der Schwangerschaft Insulin injizieren mussten, bei denen eine familiäre Veranlagung für Diabetes besteht oder wenn sie unter starkem Übergewicht (Adipositas) leiden. Zudem besteht auch ein erhöhtes Risiko für spätere Komplikationen, die sich aus einem Typ-2-Diabetes ergeben können. Dazu gehören z. B. Schäden an den Nerven, Augen und Nieren.
In vielen Fällen kann ein Diabetes durch einen gesunden Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung, viel Bewegung und einer Gewichtsregulierung verhindert werden. Auch scheint das Stillen des Kindes von mindestens drei Monaten das langfristige Diabetes-Risiko um mehr als 40 Prozent zu reduzieren.
Häufigere Infektionen
In der Schwangerschaft erhöht sich bei Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes außerdem das Risiko für wiederkehrende Infektionen, etwa für eine Scheiden- oder Harnwegsinfektion. Hintergrund: Problematische Keime können sich besser vermehren, wenn der Urin reich an Zucker ist. Eine Scheideninfektion wiederum lässt das Risiko für vorzeitige Wehen oder einen verfrühten Blasensprung ansteigen. Sie gehört zu den häufigsten Komplikationen in der Schwangerschaft und kann eine Frühgeburt auslösen, sollten die Keime in die Gebärmutter aufsteigen.
Gefahr einer Präeklampsie
Mit einem Schwangerschaftsdiabetes steigt auch das Risiko für Bluthochdruck und eine Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie).
Erhöhtes Risiko für eine schwere Geburt und Verletzungen
Weiterhin bringt ein Schwangerschaftsdiabetes ein erhöhtes Risiko für eine schwere Entbindung sowie für Geburtsverletzungen durch einen Kaiserschnitt oder einen größeren Dammschnitt mit sich. Der Grund besteht darin, dass das Kind bei der Geburt sehr groß sein kann, wenn ein Gestationsdiabetes nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wurde. Verantwortlich dafür ist ein zu hoher Blutzuckerspiegel der Mutter, der dazu führt, dass das Ungeborene im Mutterleib zu viel Insulin bildet und dadurch überproportional schnell wächst. Wiegt ein Baby bei der Geburt über 4500 Gramm können Geburtskomplikationen entstehen oder ein Kaiserschnitt angezeigt sein.
Erhöhtes Risiko für vorzeitige Wehen
Ohne Behandlung wird bei Schwangeren mit Gestationsdiabetes häufig auch zu viel Fruchtwasser nachgewiesen. Dies kann unangenehme Beschwerden verursachen. Doch was noch gravierender ist: Durch den erhöhten Druck, den die große Menge an Fruchtwasser auf die Gebärmutter ausübt, kann es auch zu vorzeitigen Wehen kommen.
Mögliche Folgen eines Schwangerschaftsdiabetes für das Kind
Wird der Schwangerschaftsdiabetes frühzeitig erkannt und auch therapiert, kannst Du das Risiko für Komplikationen senken. Unbehandelt bestehen für Dein Kind folgende Risiken:
- eine Frühgeburt und sich daraus ergebende mögliche Komplikationen (z. B. Atemprobleme durch unreife Lunge)
- Fehlbildungen am Herzen
- ein zu hohes Geburtsgewicht und dadurch Komplikationen bei der Geburt: Probleme bei der Geburt der kindlichen Schultern (Schulterdystokie), Geburtsstillstand, Saugglockengeburt
- ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und Diabetes des Kindes im Erwachsenenalter (da sich der Stoffwechsel des Kindes bereits vor der Geburt auf die dauerhaft erhöhte Menge an Zucker einstellt)
- Elektrolytstörungen (z. B. Calciummangel, Magnesiummangel).
Schwangerschaftsdiabetes Test: So wird die Diagnose gestellt
Für die Diagnose eines Gestationsdiabetes wird im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge routinemäßig ein spezieller Test durchgeführt. Dieser findet zwischen der 24. und 27. Schwangerschaftswoche statt.
Kleiner Glukosetest
Für diesen Test trinkt die werdende Mutter eine Trinklösung mit 50 Gramm Traubenzucker und 200 ml Wasser. Nach einer Stunde wird dann ihr Blutzucker gemessen. Liegt der Blutzuckerwert bei oder über 135 mg/dl oder 7,5 mmol/l, wird ein Anschlusstest durchgeführt
Großer Zuckertest
Beim sogenannten großen Zuckertest wird der Blutzuckerwert zunächst im nüchternen Zustand bestimmt. Im Anschluss daran nimmt die Frau eine Zuckerlösung mit 75 Gramm Glukose zu sich. Dann wird der Blutzucker nach einer Stunde und dann nochmal nach einer weiteren Stunde gemessen. Getestet wird hierbei, wieviel Glukose sich nach dieser Zeit noch im Blut der Schwangeren befindet. Werden sowohl beim ersten als auch beim zweiten Test erhöhte Werte festgestellt, lautet die Diagnose: Gestationsdiabetes.
Um zu schauen, ob sich der Blutzucker nach der Geburt tatsächlich wieder auf ein normales Maß eingependelt hat, wird Frauen mit Gestationsdiabetes empfohlen, etwa sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt erneut einen 75g-Zuckerbelastungstest durchführen zu lassen. Dies kann der:die behandelnde Frauen- oder Hausärzt:in übernehmen.
Schwangerschaftsdiabetes: Werte
Um gesundheitliche Probleme aufgrund des Diabetes zu vermeiden, ist es wichtig, dass die Blutzuckerwerte möglichst unter einer definierten Grenze bleiben. Expert:innen zufolge liegen diese Werte im Idealfall:
- zwischen 65 und 95 mg/dl (3,6 bis 5,3 mmol/l) im nüchternen Zustand, etwa morgens oder vor den Mahlzeiten
- unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l) eine Stunde nach dem Essen
- unter 120 mg/dl (6,7 mmol/l) zwei Stunden nach dem Essen
Daher ist es notwendig, nach der Diagnose Schwangerschaftsdiabetes täglich mehrmals Deinen Blutzucker zu messen. Werden die Bezugswerte überschritten, wendest Du Dich an Deine:n Ärzt:in.
Schwangerschaftsdiabetes: Behandlung
Mit einer frühzeitigen Behandlung des Gestationsdiabetes lassen sich die Risiken für gesundheitliche Folgen bei Mutter und Kind minimieren. In vielen Fällen (85 Prozent) kann schon eine Umstellung des Lebensstils Verbesserungen erzielen. Dazu gehört eine gesunde, kohlenhydratreduzierte Ernährung ebenso wie ausreichend Bewegung im Alltag. Doch bei etwa 15 Prozent der schwangeren Frauen mit Typ-4-Diabetes reichen diese Maßnahmen nicht aus. Sie müssen sich bis zur Geburt täglich Insulin verabreichen.

Schwangerschaftsdiabetes: Ernährung
Eine auf Dauer angelegte gesunde Ernährung hilft vielen Betroffenen, den erhöhten Blutzucker auf ein annehmbares Maß abzusenken. Wer auf eine ausgewogene Ernährung mit vielen Vitaminen und Ballaststoffen sowie wenig schnell verfügbare Kohlenhydrate achtet, kann den Blutzuckerspiegel insgesamt senken. In der Praxis wird eine Schwangere mit Diabetes an eine:n Fachärzt:in mit Schwerpunkt Diabetologie überwiesen. Diese:r kann entsprechende Ernährungsempfehlungen geben und regelmäßig schauen, was die Veränderungen im Lebensstil bewirkt haben. Folgende Tipps für den Alltag können hilfreich sein. Verzichte im Falle eines Schwangerschaftsdiabetes möglichst auf:
- zuckerhaltige Getränke wie Limonaden
- Süßigkeiten
- Kuchen, Kekse, Chips
- gesättigte Fette (oder nur wenig)
- Produkte aus Weißmehl (reduziere schnell verfügbare Kohlenhydrate)
Greife dafür lieber zu folgenden Lebensmitteln:
- frisches Obst und Gemüse (z. B. Hülsenfrüchte)
- Vollkornprodukten (z. B. Vollkornreis, -nudeln)
- Nüssen und Samen (z. B. Chia- oder Flohsamen)
- ungesättigte Fette (z. B. natives Olivenöl)
Als Nicht-Vegetarier:in kannst Du auch tierische Produkte wie Wurst, Fleisch, Eier oder Milchprodukte verzehren, aber in Maßen. Experten geben bei schwangeren Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes auch die Empfehlung, eine bestimmte tägliche Kaloriengrenze – 1800 bis 2400 Kilokalorien – nicht zu überschreiten.
Schwangerschaftsdiabetes: Bewegung
Auch regelmäßige Bewegungs- und Sporteinheiten können Dir dabei helfen, den Blutzucker zu senken. Expert:innen raten Schwangeren mit Gestationsdiabetes zu dreimal 30 Minuten sportlicher Betätigung pro Woche. Geeignet sind beispielsweise schnelles Gehen, Walking, Radfahren, Schwimmen oder Gymnastik. Kontakt- und Extremsportarten sind für Schwangere hingegen nicht das Richtige.
Übrigens: Laut neuesten Erkenntnissen sollen Diabetiker ihren Blutzucker stärker senken können, wenn sie sich direkt nach einer Mahlzeit bewegen. Wenn Du also einen kurzen, flotten Spaziergang jeweils im Anschluss an eine Mahlzeit machst, könnte sich das stärker auf Deinen Blutzucker auswirken, als wenn Du Dich zu einem anderen Zeitpunkt am Tag für längere Zeit bewegst. Dies soll vor allem dann gelten, wenn Du Dich nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit sportlich betätigst.
Selbstständige Überwachung des Blutzuckers
Zur Behandlung eines Diabetes in der Schwangerschaft gehört auch, dass Schwangere ihren Blutzuckerspiegel nach entsprechender Schulung regelmäßig selbst überprüfen. Dazu bekommt sie ein entsprechendes Testgerät, mit dem sie mittels minimaler und unkomplizierter Blutentnahme schnell ein Ergebnis erhält. So können Betroffene regelmäßig schauen, ob ihre veränderte Lebensweise bereits Erfolge erzielt hat.
Behandlung von Schwangerschaftsdiabetes mit Insulin
Reichen die Korrekturen im Lebensstil nicht aus, um den Blutzucker zu senken, bleibt nur eine Insulintherapie. Dazu spritzen sich Betroffene täglich Insulin, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu befördern. Dafür benutzen sie in der Regel einen sogenannten Insulin-Pen. Optisch erinnert das Injektionsgerät an einen Füller. Er funktioniert aber eher wie ein Kugelschreiber. Nachdem Du die benötigte Menge an Insulin eingestellt hast, drückst Du wie beim Kugelschreiber oben den Knopf herunter. Daraufhin wird die Spitze des Pens, die aus einer feinen Injektionsnadel besteht, unter die Haut gebracht und die vorher eingestellte Dosis an Insulin verabreicht.