Bakterien im Essen – das wollen die meisten lieber vermeiden. Es gibt allerdings auch nützliche Exemplare – die sogenannten Probiotika. Ein besonders prominenter Vertreter dieser freundlichen Bakterien ist Lactobacillus. Für seine vielfältigen Hilfsleistungen an den Menschen ist er 2018 sogar mit dem Titel „Mikrobe des Jahres“ ausgezeichnet worden.
Bekannte Arten bzw. Unterarten dieser meist stäbchenförmigen Bakterien, die auch im menschlichen Körper, vor allem im Darm, vorkommen, sind z. B. Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus casei oder Lactobacillus plantarum.
Über die Bedeutung gesunder Darmbakterien wie Laktobazillen seit einigen Jahren viel diskutiert – nicht nur für die Darmgesundheit, sondern auch für unser Immunsystem. Der zu den Milchsäurebakterien gehörende Lactobazillus soll die Verdauung fördern und das Immunsystem stärken.
Lactobacillus für eine gesunden Darmflora
Lactobacillus begleitet uns spätestens seit der Geburt. Das Baby nimmt die Bakterien während der Passage durch den Geburtskanal von der Mutter auf. Später siedelt es in unserem Darm und macht bestimmte Ballaststoffe verfügbar. Diese sogenannten Präbiotika haben Einfluss auf die gesamte Darmflora. Und eine gesunde Darmflora ist wichtig für Verdauung und damit auch für den Stoffwechsel.
Laktobazillen sind wichtig für eine normale Darmfunktion und üben positive Effekte auf die Barrierefunktion der Darmschleimhaut aus. Sie verdrängen schädliche Darmbakterien und tragen dazu bei, dass das sogenannte Darmmikrobiom intakt bleibt.
Lactobacillus im Darm – dem größten Organ des Immunsystems
Lactobacillus sorgt mit dem richtigen „Futter“ für eine menschenfreundliche Nachbarschaft unter den Darmbakterien. Wie die Bezeichnung Milchsäurebakterien andeutet, bauen Laktobazillen im Körper Zucker zu Milchsäure ab und sorgen dabei für eine Ansäuerung des Darminhaltes.
Eine gesunde Darmflora mit Lactobacillus-Bakterien ist nicht nur für die Darmfunktion wichtig – sie bildet auch ein darmeigenes Immunsystem, welches direkten Einfluss auf die Gesundheit hat. Der Darm ist unser größtes Immunorgan, das zugleich den größten Anteil an Immunzellen beherbergt.
Die verschiedenen Lactobacillus-Arten, die im Körper vorkommen, können verschiedene Aufgaben erfüllen. Lactobacillus reuteri werden beispielsweise verschiedene positive Eigenschaften zugesprochen, u. a. bei der Abwehr von Krankheitserregern oder auch bei der Bildung des für das Immunsystem wichtigen Vitamin D. Lactobacillus paracasei, der auch in probiotischen Getränken für den Darm zu finden ist, spielt ebenfalls eine Rolle in der Immunabwehr. Auch zu Lactobacillus rhamnosus gibt es Studien, die einen positiven Einfluss auf die natürliche und die erworbene Abwehr vermuten lassen. Insofern sind Lactobazillen tatsächlich gut für unser Immunsystem.
Lactobacillus macht das Essen haltbar
Laktobazillen leben gerne in Milch – wie ihr Name schon sagt. Vermehren Sie sich dort gut, wird die Milch „sauer“ – so entsteht Joghurt, Kefir oder Käse. Wahrscheinlich entdeckten unsere Vorfahren vor einigen tausend Jahren eher zufällig das Potential solcher Lebensmittel, die durch Mikroben wie Lactobacillus veredelt worden waren: Die Bakterien fermentieren Kohlenhydrate zu Säure (Milchsäuregärung), der pH-Wert sinkt, und schädliche Mikroben haben es in dem sauren Lebensraum schwerer.
Dadurch wird das Essen länger genießbar. Das muss vor der Erfindung des Kühlschrankes ein unschätzbarer Vorteil gewesen sein – Laktobazillen wurden zu sorgfältig umsorgten Verbündeten. Mit unterschiedlichen Bakterienstämmen und dem Spiel mit verschiedenen Umweltbedingungen wie etwa der Temperatur oder der Fermentationsdauer erhält man darüber hinaus viele kulinarisch spannende Variationen des Themas Milchsäuregärung.
Probiotika heißt „für das Leben“
Den Begriff Probiotika prägte der russische Nobelpreisträger Ilja Iljitsch Metschnikow (1845-1916) vor über 100 Jahren. Er beobachte bereits, dass bulgarische Bauern von ihren mit Milchsäurebakterien vergorenen Lebensmitteln gesundheitlich profitierten. Neben Milchprodukten lassen sich auch andere Lebensmittel wie Sauerkraut, Gemüse oder Brotteig vergären (fermentieren). Weltweit werden etwa 5000 Lebensmittel mit Hilfe von Lactobacillus hergestellt, schreibt die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM), welche die Mikrobe des Jahres proklamiert.
Lactobacillus auch in der Industrie gefragt
Inzwischen kommt Lactobacillus auch als Industriearbeiter zum Einsatz. So lassen sich durch die Verknüpfung von Milchsäure-Teilchen zu langen Ketten Kunststoffe herstellen, die komplett biologisch abbaubar sind, etwa für die Landwirtschaft.