Für einige Paare ist es gar nicht so leicht, schwanger zu werden. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Manchmal aber hilft es schon, ganz natürlich etwas nachzuhelfen – mit ausgewogener Ernährung, reichlich Mikronährstoffen und Bewegung. Was sonst noch bei unerfülltem Kinderwunsch helfen kann, haben wir die Hamburger Gynäkologin und Pränatalmedizinerin Prof. Dr. Annika Ludwig gefragt.
Frau Prof. Dr. Ludwig, trotz langer Bemühungen stellt sich bei einigen Paaren einfach keine Schwangerschaft ein. Ab wann würden Sie empfehlen, sich bei einem Arzt Rat zu suchen?
Etwa 80% der Paare werden innerhalb eines Jahres schwanger, wenn sie regelmäßig Geschlechtsverkehr haben. Daher sollten Paare im Allgemeinen ein Jahr abwarten. Erst nach diesem Jahr, ist es sinnvoll, sich an einen Arzt zu wenden und auf Ursachensuche zu gehen. Dennoch muss man jedes Paar individuell betrachten. Führt ein Paar beispielsweise eine Fernbeziehung und sieht sich häufig im fruchtbaren Zeitraum nicht, sollte dies mitberücksichtigt werden. Bei einigen Paaren ist es aber durchaus sinnvoll, bereits vor Ablauf eines Jahres diagnostische oder auch therapeutische Schritte einzuleiten.
Wann raten Sie zu einem Arztbesuch vor Ablauf dieses ersten Jahres?
Beispielsweise, wenn Frauen keine Regelblutung bekommen und somit wahrscheinlich auch keinen Eisprung haben. Auch bei Paaren, die Risikofaktoren für eine eingeschränkte Fertilität haben, kann es sinnvoll sein, bereits vor Ablauf eines Jahres diagnostische Schritte anzugehen. Solche Risikofaktoren sind zum Beispiel eine vorausgegangene Eierstockentzündung (Adnexitis), eine schwere Blinddarmentzündung oder eine Chlamydieninfektion bei der Frau oder eine frühere Mumpserkrankung des Mannes. Bei der Überlegung, ob früher mit einer Diagnostik begonnen werden soll, ist auch das Alter der Frau ein wichtiger Einflussfaktor.
Wie können Paare auf natürlichem Wege die Chance auf eine Schwangerschaft unterstützen?
Wenn Frauen schwanger werden wollen, ist es hilfreich, den eigenen Zyklus zu beobachten. Dadurch lässt sich erkennen, ob dieser regelmäßig ist und wann die fruchtbaren Tage sind. Wenn der Zyklus regelmäßig ist und die Regelblutung jeweils nach einer ähnlichen Anzahl von Tagen beginnt, findet auch ein Eisprung statt. Der ist etwa 14 Tage vor Beginn der Regelblutung. Da Eizellen nur einige Stunden, Spermien aber einige Tage überleben, kommt es am ehesten zur Befruchtung, wenn Paare 1-2 Tage vor dem Eisprung Geschlechtsverkehr haben.
Gibt es sonst noch Tipps, die Frauen befolgen sollten, die schwanger werden möchten?
Unbedingt, sie sollten idealerweise schon vor der Schwangerschaft beginnen, auf eine gesunde Lebensführung zu achten. Das heißt: ausreichend Bewegung in den Alltag einbauen, wenig Alkohol trinken und auf eine ausgewogene Ernährung mit wichtigen Mikronährstoffen achten. Besonders wichtig sind da Folsäure und Jod, die möglichst supplementiert werden sollten.
Und übergewichtige Frauen sollten versuchen, Gewicht zu reduzieren, da dies die Chancen für eine Schwangerschaft erhöht, aber auch das Risiko für Probleme in der Schwangerschaft reduziert. Zudem ist es sehr ratsam, das Rauchen aufzugeben, das gilt übrigens auch für die Männer, weil Rauchen die Fertilität reduzieren kann.
Was sind die ersten Schritte, wenn es auf natürlichem Wege mit dem Schwangerwerden nicht klappt?
Sollte eine Schwangerschaft nicht auf natürlichem Weg eintreten, wird der Arzt zunächst eine sorgfältige Anamnese erheben. Wichtig ist, wie schon gesagt, dass beide Partner hier im Vordergrund stehen. Bestehen chronische Erkrankungen? Welche Medikamente werden eingenommen? Gab es zuvor relevante Erkrankungen, wie z.B. Mumps, Hodenentzündungen oder eine Geschlechtskrankheit beim Mann? Bestand zuvor bei der Frau eine Eierstockentzündung, eine Blinddarmentzündung oder eine Chlamydieninfektion? Wurde die Frau schon einmal im Bauchraum operiert? Gibt es in der Familie relevante Erkrankungen?
Und wenn diese Fragen geklärt sind?
Dann wird der Arzt Fragen nach dem Zyklus der Frau stellen. Wie lang ist der Zyklus? Treten Zwischenblutungen oder Schmierblutungen vor der Regelblutung auf? Hat die Frau vielleicht schon selber Temperatur gemessen, LH-Urinteststäbchen – die mit dem luteinisierenden Hormon den Zeitpunkt des Eisprungs im Zyklus messen – benutzt oder einen Ovulationsmonitor? Leidet die Frau unter starken Schmerzen während der Regelblutung? Von der individuellen Situation, die sich aus diesem Gespräch ergibt, variieren die diagnostischen Schritte.
Welche sind das?
Manchmal ist eine Hormonanalyse bei der Frau sinnvoll, in der Regel aber nur wenn sie einen unregelmäßigen Zyklus hat. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Schilddrüsenfunktion, so dass diese meist überprüft wird.
Und beim Mann?
Da wird als erstes das Spermiogramm geprüft. Hierbei wird geschaut, ob genug Spermien produziert werden, diese beweglich genug und normal geformt sind. Sind nicht ausreichend Spermien vorhanden, nicht gut vorwärts beweglich oder weisen sie eine auffällige Form auf, so ist die Chance, dass es zur Befruchtung der Eizelle kommt, geringer – ausgeschlossen ist es aber auch bei Einschränkungen der Spermienqualität oder Anzahl nicht.
Viele Studien der letzten Jahrzehnte belegen, dass die Fruchtbarkeit mit Mikronährstoffen unterstützt werden kann. Für die Bildung und Reifung von Spermien benötigt der Körper entsprechende Bausteine. Sind diese nicht in ausreichender Menge vorhanden, wird die Qualität der Spermien beeinträchtigt.
Das heißt, sind die Spermien okay, gilt es wieder die Frau zu untersuchen?
Genau, erst wenn das Spermiogramm unauffällig ist, wird bei der Frau die Durchlässigkeit der Eileiter überprüft und mit einer kleinen Kamera, das Innere der Gebärmutter angeschaut (Hysteroskopie). Die Prüfung der Durchlässigkeit der Eileiter kann laparoskopisch erfolgen oder indirekt mit einem Kontrastmittel, das im Ultraschall zu sehen ist.
Welche Methode gewählt wird, hängt von der individuellen Situation und den Risikofaktoren ab. Da dies aber ein operativer Eingriff ist, sollte das Spermiogramm immer zuvor erfolgen. Wenn das Spermiogramm stark eingeschränkt ist und daher eine künstliche Befruchtung erfolgen sollte, muss die Durchlässigkeit der Eileiter nicht geprüft werden.
Welche Mikronährstoffe empfehlen Sie Ihren Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch?
Schon ab Kinderwunsch können Frauen, die schwanger werden wollen, viel zu ihrer eigenen und damit zur Gesundheit ihres Wunschkindes beitragen. Dazu gehört, sich ausgewogen zu ernähren – mit allen wichtigen Mikronährstoffen, wie sie natürlicherweise in der Nahrung vorkommen. So trägt beispielsweise Zink zu einer normalen Fruchtbarkeit und Fortpflanzung bei.
Auch Folsäure ist, wie schon erwähnt, besonders wichtig, denn Folsäure trägt zum normalen mütterlichen Gewebewachstum in der Schwangerschaft bei. Die ergänzende Aufnahme von Folsäure erhöht bei Schwangeren den Folatspiegel. Ein niedriger Folatspiegel ist bei Schwangeren ein Risikofaktor für die Entstehung von Neuralrohrdefekten beim heranwachsenden Fötus (die positive Wirkung stellt sich bei einer ergänzenden Aufnahme von 400 μg Folsäure täglich über einen Zeitraum von mindestens einem Monat vor und bis zu drei Monaten nach der Empfängnis ein).
Was muss ich vorbereitend auf eine Schwangerschaft tun? Was muss ich beachten, wenn ich versuche, schwanger zu werden?
Wie schon gesagt, Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten sich ausgewogen und frischkost-basiert ernähren. Ein Mikronährstoffpräparat, das außer Folsäure und Jod noch weitere Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin D und Zink enthält, kann hier die Ernährung sinnvoll unterstützen. Auch ist es sinnvoll, vor einer Schwangerschaft den Impfpass anzuschauen oder dem Frauenarzt bzw. Hausarzt zu zeigen, um zu prüfen, ob ein Immunschutz bezüglich Röteln besteht.
Dies ist der Fall, wenn eine Frau zweimal gegen Röteln geimpft worden ist oder wenn zuvor ein ausreichender Röteln-Antikörpertiter bestimmt wurde. Dies sollte die Frau in ihrem Impfpass kontrollieren, da eine Rötelnimpfung nicht in der Schwangerschaft erfolgen darf, aber vor Eintritt einer Schwangerschaft noch geimpft werden könnte.