Stress kennen wir alle aus unserem Berufs- und Alltagsleben. Doch wusstest Du, dass unsere Zellen auch unter Stress stehen können? Auslöser von sogenanntem oxidativem Stress ist ein Überschuss an freien Radikalen, der sich langfristig negativ auf unsere Gesundheit auswirkt, zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann und uns schneller altern lässt. Wie genau entsteht oxidativer Stress? Lässt sich oxidativer Stress senken? Wie kannst Du Dich schützen? All das erfährst Du hier.
Was ist oxidativer Stress?
Laut chemischer Definition handelt es sich bei oxidativem Stress um ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen (Oxidantien) und antioxidativ wirksamen Molekülen (Antioxidantien), bei dem zu viele reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden. Kann der Überschuss freier Radikale nicht rechtzeitig durch Antioxidantien in Schach gehalten werden, werden Zellen und Moleküle geschädigt. Langfristig beschleunigt oxidativer Stress so den Alterungsprozess und trägt dazu bei, dass chronische Erkrankungen entstehen.
Glücklicherweise verfügt unser Körper aber über einen ausgeklügelten Schutzmechanismus, der uns vor oxidativem Stress bewahrt. Zu diesem gehören neben körpereigenen antioxidativen Enzymen auch zahlreiche antioxidative Nährstoffe, darunter Vitamin C und Vitamin E.
Antioxidantien neutralisieren die reaktiven Sauerstoffspezies, indem sie eine chemische Reaktion mit ihnen eingehen oder sie in weniger aggressive Verbindungen umwandeln. Sind doch einmal Schäden durch freie Radikale entstanden, sorgen in der Regel natürliche Reparatur- und Regenerationsprozesse der Zelle dafür, dass diese schnell behoben werden (z.B. Autophagie).
Kritisch wird es allerdings dann, wenn das antioxidative Schutzsystem geschwächt ist oder die Produktion freier Radikale permanent angetrieben wird. Dies kann zum Beispiel infolge eines ungesunden Lebensstils passieren.
Oxidativer Stress und freie Radikale
Um oxidativen Stress zu vermeiden, sollten wir also darauf achten, dass sich freie Radikale und Antioxidantien in einem harmonischen Gleichgewicht befinden. Doch was sind eigentlich freie Radikale und wie entstehen sie? Schauen wir uns zunächst einmal die Definition der sauerstoffhaltigen Verbindungen an.
Freie Radikale sind chemische Moleküle mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen. Aufgrund des fehlenden Elektronenpartners sind freie Radikale sehr unausgeglichen und reaktionsfreudig. Daher versuchen sie, anderen Molekülen das fehlende Elektron zu entreißen, um selbst einen stabilen Zustand zu erreichen. Dieser „Elektronenklau“, die sog. Oxidation, setzt häufig eine Kettenreaktion in Gang, bei der immer wieder neue freie Radikale entstehen.
Freie Radikale sind aber nicht per se problematisch, sondern ein natürlicher Begleiter von Stoffwechselvorgängen, bei denen Sauerstoff benötigt wird. Zu diesen oxidativen Prozessen zählt beispielsweise die Energieproduktion in den Mitochondrien, die in fortwährend in unseren Zellen abläuft.
Auch im Rahmen der Zellkommunikation und bei Abwehrreaktionen des Immunsystems werden Sauerstoffradikale gebildet. Hier haben sie sogar positive Wirkungen und unterstützen beispielsweise die Adaptation der Muskelzellen während des Sports, die Erweiterung der Blutgefäße sowie die Bekämpfung von Viren und Bakterien. Ein gewisses Maß an freien Radikalen ist also für die normale Funktion der Zelle und unsere Gesundheit unerlässlich.
Ursachen: Wie entsteht oxidativer Stress?
Mit den freien Radikalen, die bei Stoffwechselprozessen anfallen, kann unser Körper in der Regel gut umgehen. Verschiedene äußere Einflüsse können jedoch zu einem erheblichen Anstieg der aggressiven Sauerstoffverbindungen beitragen. Zu den Ursachen von oxidativem Stress gehören zum Beispiel folgende Faktoren:
- Genussmittel wie Rauchen und Alkohol: Mit jedem Zug werden beim Rauchen tausende freier Radikale produziert, die Zellen und Geweben in oxidativen Stress versetzen. Unter Stress steht nach dem Konsum von Alkohol vor allem die Leber, denn sie arbeitet unter Hochdruck, um das Zellgift abzubauen. Dabei entstehen ebenfalls große Mengen freier Radikale.
- UV-Strahlen und andere ionisierende Strahlung: Eine hohe Belastung durch UV-Strahlung ist als Ursache für vorzeitige Hautalterung bekannt. UV-Licht führt nämlich in der Haut zu oxidativem Stress, der kann unter anderem die Produktion von Elastin und Kollagen beeinträchtigen. In der Folge verliert die Haut an Spannkraft und Feuchtigkeit und Falten prägen sich aus.
- Körperlicher Stress: Bei intensiver körperlicher Belastung wie z.B. exzessivem Sport, chirurgischen Eingriffen oder einer chronischen Krankheiten kann es zu einer Überproduktion von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffverbindungen kommen.
- Schlafmangel: Schlaf scheint antioxidative Effekte zu haben. denn immer mehr Studien zeigen, dass Schlafmangel mit gesteigertem oxidativen Stress und Entzündungen assoziiert ist.
- Umweltgifte: Umweltgifte wie Abgase, Feinstaub, Ozon, Pestizide oder Schwermetalle haben vielfältige negative Wirkungen auf unsere Gesundheit. Beim Einatmen von Feinstaub beispielsweise werden oxidative Prozesse in den Schleimhäuten in Gang gesetzt, die letztlich zu oxidativem Stress in den Atemwegen führen können.
- Psychischer Stress: Dauerhafter Stress kann uns nicht nur mental stark belasten, sondern scheint auch eine erhöhte oxidative Belastung in den Zellen zu verursachen.
- Chronische Entzündungen: Entzündung und oxidativer Stress sind eng miteinander verbunden und befeuern sich gegenseitig. Daher ist es bei der Behandlung einer chronisch entzündlichen Erkrankung immer wichtig beide Aspekte im Blick zu haben, um den Teufelskreis durchbrechen zu können.
- Ungesunde Ernährung: Da unser Körper nicht alle Antioxidantien selbst herstellen kann, müssen wir ihm diese über die Ernährung liefern. Essen wir allerdings einseitig, fehlen möglicherweise wichtige „Radikalfänger“ wie sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamin C und Vitamin E. Belasten wir unseren Organismus zusätzlich mit vielen zucker- und fettreichen Lebensmitteln kann sich dies erst recht negativ auf die oxidative Balance auswirken. Die Zellen sind überlastet und reaktive Sauerstoffverbindungen häufen sich an. Eine ungesunde Ernährung ist darüber hinaus eine Ursache für Übergewicht, welches stille Entzündungen und damit auch oxidativen Stress fördert.
Welche Auswirkungen hat oxidativer Stress?
Die unkontrollierte Freisetzung freier Radikale führt zu Schäden an Molekülen und Zellstrukturen (z.B. Membranen, Proteine, Enzyme oder Nukleinsäuren), die die Funktion der Zellen erheblich einschränken und sogar zum Zelltod führen können. Vor allem die Zellkraftwerke (Mitochondrien) sind anfällig für oxidative Schäden, da bei der Energiegewinnung besonders viele freie Radikale anfallen.
Ein junger Organismus kann dank ausgeklügelter Reparaturmechanismen solche Defekte meist korrigieren. Je älter wir werden, desto mehr nimmt die Regenerationsfähigkeit allerdings ab. In der Folge wird der Alterungsprozess beschleunigt und das Risiko für chronische Erkrankungen steigt.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden beispielsweise durch oxidativen Stress mitverursacht. Schädigt oxidativer Stress die Endothelzellen, die das Innere der Blutgefäße auskleiden, kann es zur Störung der Gefäßfunktion kommen. Diese sogenannte endotheliale Dysfunktion wird als initialer Faktor für die Entstehung der Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) gesehen.
Häufig ist es oxidiertes LDL-Cholesterin, das zur Schädigung der Gefäßwand beträgt. Je mehr LDL-Cholesterin im Blut vorhanden ist, desto eher kann es sich an der Gefäßwand ablagern und durch oxidativen Stress negativ verändert werden. Daher gelten erhöhte LDL-Cholesterin Spiegel auch als Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen. Neben der Hypercholesterinämie können aber auch andere Faktoren wie hohe Blutzuckerspiegel oder erhöhtes Homocystein den oxidativen Stress fördern und gelten somit ebenfalls als Arteriosklerose Risikofaktoren.
Natürlich kann oxidativer Stress nicht nur in den Blutgefäßen negativen Folgen haben. Werden z.B. Zellen des Nervengewebes oxidativ geschädigt, kann es zu Störungen der Erregungsleitung oder zur Ablagerung von Protein kommen. Experten vermuten, dass dadurch das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson steigt. Aber auch andere chronische Krankheiten wie Diabetes, psychiatrische Erkrankungen, Krebs, Lungen- oder Augenerkrankungen (u.a. grauer Star) werden mit oxidativem Stress in Verbindung gebracht.
Bis sich oxidativer Stress in solch schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen niederschlägt vergehen in der Regel viele Jahrzehnte. Es gibt aber auch kurzfristige Symptome, die auf erhöhten oxidativen Stress in unseren Körper hinweisen können. Zu den Symptomen gehören
- Ein geschwächtes Immunsystem & erhöhte Infektanfälligkeit
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Kopfschmerzen
- Entzündungen
- Konzentrationsprobleme
- Hautprobleme wie Akne oder Rötungen
Was tun: Wie lässt sich oxidativer Stress verringern?
Damit unsere Zellen gar nicht erst in oxidativen Stress geraten, können wir eine Menge tun. Zunächst einmal sollten wir darauf achten, dass die Produktion freier Radikale durch äußere Faktoren nicht überhandnimmt. Wer ausreichend schläft, sich Entspannungspausen gönnt und Genussmittel sowie UV-Strahlung minimiert, geht schonmal einen großen Schritt in die richtige Richtung.
Manche äußeren Faktoren lassen sich allerdings nur schwer beeinflussen. Dann ist es besonders wichtig, das oxidative Gleichgewicht in den Zellen durch eine ausgewogene Ernährung mit reichlich Antioxidantien und regelmäßige Bewegung zu unterstützen. Im Gegensatz zu exzessivem Training, kann moderate körperliche Aktivität nämlich die Resistenz unseres Körpers gegenüber oxidativem Stress erhöhen. Gleichzeitig unterstützt Sport den Abbau von psychischem Stress, so dass wir mit moderater Bewegung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
In Sachen Ernährung haben wir ebenfalls mehrere Möglichkeiten, oxidativen Stress einzudämmen.
Auf der anderen Seite ist es möglich, die antioxidative Kapazität unseres Organismus zu stärken. Eine abwechslungsreiche, pflanzenbasierte Ernährung liefert dem Körper täglich die wichtigsten Antioxidantien, die er zur Neutralisierung von freien Radikalen benötigt.
Folgende Tipps können Dir helfen, dass oxidative Gleichgewicht und damit Deine Gesundheit zu erhalten:
- 5 am Tag: Mit dieser Menge an Obst und Gemüse gibst Du Deinem Körper die Antioxidantien Power, die er braucht, um freie Radikale unschädlich zu machen. Obst und Gemüse liefern eine hohe Konzentration antioxidativer Vitamine (z.B. Vitamin C, Vitamin E).
- Genieße bunt: Sekundäre Pflanzenstoffe wie beta-Carotin oder Flavonoide sorgen in Obst und Gemüse nicht nur für die Farbe, sondern haben auch anti-oxidative und entzündungshemmende Effekte. Isst Du täglich Deinen „Regenbogen“, hat oxidativer Stress wenig Chancen.
- Setze auf fitte Fette: Wer oxidativen Stress vermeiden will, sollte auch Entzündungen im Blick behalten. Omega-3-Fettsäuren sind hier die perfekten Helfer, denn die anti-entzündlichen Nährstoffe können dafür sorgen, dass Entzündungsfaktoren in Balance bleiben. Omega-3 Fettsäuren sind vor allem in fettem Fisch wie Lachs, Hering oder Makrele enthalten. Aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Walnüsse und Leinsamen sowie daraus hergestellte Öle können zur Versorgung der wichtigen Fettsäuren beitragen. Gleichzeitig liefern sie reichlich Vitamin E.
- Volles Korn – volle Power: Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte liefern B Vitamine und sorgen dank der enthaltenen Ballaststoffe für ein ausgeglichenes Darmmikrobiom. Das ist wichtig, damit antioxidative Nährstoffe gut vom Körper aufgenommen und Entzündungen in Schach gehalten werden. Außerdem enthalten sie essenzielle Spurenelemente (u.a. Zink, Selen, Mangan und Kupfer), die für die Funktion antioxidativer Enzyme wichtig sind.